Diplomarbeit:
Teambildung für Projekte
Eine Analyse auf Basis der Agency-Theorie
Diese Diplmarbeit wurde von mir am
Institut für Produktionswirtschaft
und Controlling der Ludwig-Maximilians-Universität München
im Sommersemester 1997 im Rahmen meiner Diplomprüfung im Fach BWL abgegeben.
Sie wurde mit der Note 1,3 bewertet.
Abbildungsverzeichnis |
Abbildung
1 |
Die
Zusammensetzung einer Projektgruppe |
Abbildung 2 |
Ansatzpunkte
zur Herleitung von Koordinationsaufgaben bei Verhaltensinterdependenzen |
Abbildung 3 |
Verteiltes
und gemeinsames Wissen von Personengruppen |
Abbildung 4 |
Formen
von Informationsasymmetrien |
Abbildung 5 |
Nichtexistenz
von eindeutigen Lösungen nach Grossman/ Hart |
Anhangsverzeichnis |
Anhang 1 |
Ziele
der Projektteambildung |
Anhang 2 |
Unterscheidung
von Routine- und Innovationsprojekten |
Anhang 3 |
Unterschiede
zwischen Arbeitsgruppe und Team |
Anhang 4 |
Projektorganisation
|
Anhang 5 |
Mathematische
Herleitung des Modells von Mookherjee |
Abkürzungsverzeichnis |
AER |
The American Economic
Review |
BFuP |
Betriebswirtschaftliche
Forschung und Praxis |
CDFC |
convexity of the distribution
function condition |
const |
konstant |
CPM |
Critical Path Method
(Vorgangs-Pfeil-Netzplan) |
DIN |
Deutsche Industrie-Norm(en)
|
HWO |
Handwörterbuch
der Organisation |
JfB |
Journal für Betriebswirtschaft
|
LEN |
linear - exponentiell
- normalverteilt |
MLRC |
monotone likelihood
ratio condition |
PERT |
Project Evaluation
and Review Technic (Ereignisknoten-Netzplan) |
USW |
Universitätsseminar
der Wirtschaft |
ZfB |
Zeitschrift für
Betriebswirtschaft |
ZfbF |
Zeitschrift für
betriebswirtschaftliche Forschung |
ZfO |
Zeitschrift für
Organisation |
ZWS |
Zeitschrift für
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften |
1.
Problemstellung
Viele Aufgaben in Unternehmen können nur unzureichend durch
die traditionelle Linienorganisation, die im Hinblick auf routinemäßige
Abwicklung das Alltagsgeschäfts strukturiert ist,1 bewerkstelligt werden. Dazu
gehören vor allem Aufgaben, die einen temporären, interdisziplinären
Charakter haben, sowie durch Neuartigkeit und Komplexität gekennzeichnet
sind.2 Damit wurden
schon einige, der in der Literatur genannten Merkmale von Projekten aufgezählt.
Thomas Beck hat die wichtigsten Merkmale, die in den Definitionen
des Begriffs Projekt häufig auftauchen, einmal aufgelistet: "Bedeutung
(Dringlichkeit), Einmaligkeit (Besonderheit, Seltenheit), Komplexität
(interdisziplinärer Charakter), Neuigkeit, organisatorischer Anpassungszwang,
Ressourceneinsatz (begrenzte Ressourcen), Risiko, Schwierigkeit, Umfang,
zeitliche Befristung (feststehende Anfangs- und Endzeitpunkte), Zielvorgabe
(bestimmte Zielsetzung)."3
Im Hinblick auf die Personalzusammensetzung von Projekten, muß
dem interdisziplinären Charakter besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Denn nur durch eine Mehrzahl von Personen aus unterschiedlichen Fachbereichen
des Unternehmens,4 kann das für die Erreichung des Projektziels
benötigte, vielschichtige Wissen, erworben werden, d.h. es wird eine
Projektgruppe gebildet.5 Verschiedenste
Informationen und Informationsquellen sowie Erfahrungen können auf diese
Weise für ein Projekt nutzbar gemacht werden. Zusätzlich sollen
durch den Einsatz teamorientierter Projektstrukturen Synergieeffekte frühzeitig
gesichert werden.6 Aber durch das bloße
Zusammenstellen eines »Projektteams« kann nicht sichergestellt werden, daß
alle Mitglieder der Gruppe dasselbe Ziel verfolgen, sondern nur in Ausnahmefällen
wird auf die Verfolgung persönlicher Ziele verzichtet.7 Es muß
sogar noch damit gerechnet werden, "daß die Mitglieder primär
die Interessen und Anliegen der Organisationseinheiten wahrnehmen,
für die sie teilnehmen. Damit werden die Interessengegensätze,
die in jeder arbeitsteiligen Organisation vorhanden sind, in das Projekt
hineingetragen."8 Die auftretenden Zielkonflikte und Informationsasymmetrien
der Projektbeteiligten können somit zu einer verminderten Gesamtzielerreichung
führen.9
Diese Konflikte bezüglich der Zielvorstellungen innerhalb
der Projektgruppe existieren dagegen in den Idealvorstellungen von Teams
nicht.
"Teams arbeiten für Ergebnisse und fühlen sich
dafür verantwortlich. Sie stehen zu dem, was sie produziert haben, und
wollen stets das Beste daraus machen."10
"Die Zusammenarbeit der Mitarbeiter sollte von einer
gemeinsamen Zielerreichung geprägt sein. Der eigene Erfolg ergibt sich
nicht auf Kosten anderer.
Techniken der Überredungskunst und
gelernte Floskeln zur Steigerung der eigenen Selbstdarstellung sind im Idealfall
völlig ohne Bedeutung."11
Derlei Idealvorstellungen sind in der Literatur, die sich mit
dem Thema »Team« beschäftigt, häufig zu finden. Würde aber
diese Idealsituation nach Zusammensetzung einer Projektgruppe tatsächlich
vorliegen, wäre eine Anreizschaffung durch vertragliche Beziehungen
auf Basis der Prinzipal-Agent-Theorie nicht notwendig, da beide Parteien,
sowohl Prinzipal als auch die Agenten, identische Zielvorstellungen hätten.
In der Mehrzahl der Fälle kann aber nicht davon ausgegangen werden,
daß mit der Zusammensetzung einer Projektgruppe zwangsläufig ein
Team entsteht. Denn um ein echtes Team zu sein, müssen die Beteiligten
sich vom Konkurrenzdenken lösen und ihre Einstellungen ändern.
Ihre Einstellungen sind aber oft in einem lebenslangen Lernprozeß gebildet
worden und können deswegen nicht sofort verändert werden12. Zum anderen ist die Voraussetzung
bei Projekten für Teams denkbar schlecht, da oftmals die Projektgruppe
sehr inhomogen zusammengesetzt ist.13 "Erfahrene Fachleute, die oft auch das Bedürfnis
haben, ihr überlegenes Wissen zu demonstrieren, treffen zum Beispiel
auf unerfahrene Personen, die überall Arroganz wittern und schon vorbeugend
ein wenig beleidigt sind."14 Zu Beginn eines Projektes
muß demzufolge Zeit für die Teambildung aufgewandt werden, d.h.
das Sozialsystem der Gruppe muß aktiv gestaltet werden, so daß
sich aus der Gruppe ein Team formen kann.15 Erst nach dem erfolgreichen Durchlaufen der Phasen
der Teambildung kann von einem Team gesprochen werden. Tuckman hat dazu ein
Teamentwicklungsmodell entworfen.16 Anhand dieses Modells kann das zu bildende Team
die eigentliche Projektarbeit erst nach Ablauf der Normierungsphase aufnehmen.
Diese Anstrengungen der Teambildung werden aber nicht immer von
Erfolg gekrönt sein, d.h. die Gruppe verharrt in einer Phase des Teamentwicklungsmodells,
beispielsweise der Konfliktphase. Damit bildet sich während der Projektlaufzeit
aus den zusammengesetzten Mitgliedern des Projektes kein Team, sondern »nur«
eine Projektgruppe, in der das gemeinsame Ziel eine geringere Bedeutung besitzt
als in einem vergleichbaren Team.
Um nun die Wahrscheinlichkeit des Verharrens einer zusammengesetzten
Projektgruppe in einer Vor-Teamphase zu verhindern, sind Aktivitäten
zur Unterstützung der Teambildung durchzuführen. Wie oben beschrieben,
muß für die Teambildung somit Zeit aufgewandt werden. Je fruchtbarer
und reibungsloser die spätere Teamarbeit funktionieren soll, desto stärker
sollte auch der Zusammenhalt des Teams sein, aber dies ist häufig nur
durch eine intensive und damit lange Teambildungsphase zu erreichen. Doch
Projekte haben eine zeitliche Befristung. Eine beliebige Verlängerung
der Projektstartphase zur Durchführung der Aktivitäten der Teambildung
ist demzufolge nicht möglich. An dieser Stelle kann nun eventuell die
Prinzipal-Agent Theorie ansetzen. Durch Einführung eines Anreizsystems
könnte die Teambildungsphase verkürzt werden. Dazu ist zu untersuchen,
welche Struktur ein Prinzipal-Agent Modell aufweisen muß, um die Problemstellungen
eines Projektteams abbilden zu können. Dies soll in der folgenden Arbeit
untersucht werden. In einem weiteren Schritt ist dann zu prüfen, ob
ein Anreizsystem in der Praxis dann tatsächlich die Teambildung erleichtert
und damit die Teambildungsphase verkürzt.
2.
Konzeptionelle Grundlagen
2.1. Von der Gruppe
zum Team: Abgrenzung der Begriffe
Der Begriff Team hat sich in der betriebswirtschaftlichen Literatur
zu einem Modewort entwickelt. Um aber Klarheit über den Inhalt und die
Bedeutung des Begriffs »Team« zu erhalten, muß dieser zuerst vom Begriff
»Gruppe« abgegrenzt werden.
Schon aus der Herkunft der beiden Begriffe können Rückschlüsse
auf deren Bedeutung im betriebswirtschaftlichen Zusammenhang gezogen werden.
Während der Begriff Gruppe vom italienischen »gruppo« stammt, was soviel
wie Ansammlung, Schar oder auch Block bedeutet,17 stammt der
Begriff Team vom altenglischen »« ab, was die Familie oder das Gespann bezeichnet.18 Infolgedessen ist unter
Gruppe eher ein loser Verband zu verstehen, während beim Team eine engere
Beziehung zwischen den Teammitgliedern vorhanden ist. In der Brockhaus-Enzyklopädie
ist Team im allgemeinen Zusammenhang definiert als eine "Gruppe von
Personen, die gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten."19
Diese Begriffsabgrenzung bedeutet aber zugleich, daß Teams
im Vergleich zu Gruppen die weiterentwickelten Personengemeinschaften sind,
da eine gemeinsame Vergangenheit wie beispielsweise in einer Familie notwendig
ist um von einem Team sprechen zu können. Tolksdorf stellt dagegen Gruppen
als die weiterentwickelten Personengemeinschaften dar, da nach seiner Ansicht
Teamarbeit dann suboptimal ist, "
wenn z.B. hohe Anforderungen
an flexiblen Arbeitseinsatz, Selbständigkeit und Kooperation gestellt
werden."20
Aber die von Tolksdorf beschriebenen Anforderungen sind gerade besonders
effektiv und effizient21 durch ein
Team zu bewerkstelligen, wie es in der Brockhaus Enzyklopädie charakterisiert
wird. Aufgrund der unterschiedlichen Ansichten der Begriffe in der Literatur
werden im folgenden die beiden Begriffe voneinander abgegrenzt, um in dieser
Arbeit die beiden Begriffe eindeutig verwenden zu können.
Homans hat den Begriff der sozialen Gruppe geprägt. "Unter
einer Gruppe verstehen wir eine Reihe von Personen, die in einer bestimmten
Zeitspanne häufig miteinander Umgang haben und deren Anzahl so gering
ist, daß jede Person mit allen anderen Personen in Verbindung treten
kann, und zwar nicht nur mittelbar über andere Menschen, sondern von
Angesicht zu Angesicht."22 Diese Definition enthält
aber nicht die Bestimmung der Gemeinsamkeiten die die Gruppenmitglieder aufweisen.23 Deshalb sollen
hier für den Begriff Gruppe die anspruchsvolleren Definitionsbestandteile
von Rosenstiel aufgeführt werden:
- "Mehrzahl von Personen in
- direkter Interaktion über eine
- längere Zeitspanne bei
- Rollendifferenzierung und
- gemeinsamen Normen, verbunden durch
- ein Wir-Gefühl."24
Auch für den Begriff »Team« bestehen vielerlei Definitionen.
Aber was bedeutet eigentlich Team? Forster hat ca. 20 Definitionen des Begriffs
Team analysiert und macht folgenden Vorschlag: "Unter einem Team soll
hier eine kleine, funktionsgegliederte Arbeitsgruppe mit gemeinsamer Zielsetzung,
relativ intensiven wechselseitigen Beziehungen, einem ausgeprägten Gemeinschaftsgeist
sowie einem relativ starken Gruppenzusammenhalt unter den Mitgliedern und
damit einer spezifischen Arbeitsform verstanden werden."25
Bei der Analyse der beiden Definitionen von Rosenstiel und Forster
ergeben sich folgende Unterschiede zwischen Gruppen und Teams: Teams besitzen
gemeinsame Ziele, Teammitglieder haben intensive wechselseitige Beziehungen
untereinander, Teams besitzen einen ausgeprägten Gemeinschaftsgeist
und einen starken Gruppenzusammenhalt.26
Die Unterschiede in den Definitionsmerkmalen werden auch häufig
in der Praxis so oder ähnlich gesehen. In Abbildung 7 im Anhang werden
die Unterschiede zwischen Arbeitsgruppe und Team aus Sicht von Gustav Klötzl,
einem Mitarbeiter einer Unternehmensberatungsgruppe, aufgelistet.
2.2. Einfluß verschiedener
Projektarten auf die Bedeutung der Projektteambildung
Bevor untersucht wird welchen Einfluß die verschiedenen
Projektarten auf die Projektteambildung ausüben, muß festgehalten
werden, daß nicht jede auftretende Schwierigkeit im Unternehmen durch
ein Projekt behandelt werden muß. Falls eine dominante Einflußgröße
vorhanden ist und weitgehend keine bereichsübergreifenden Tätigkeiten
auszuüben sind, kann die »Schwierigkeit« auch mit der üblichen
Problemlösungsmethodik angegangen werden.27
Hat man sich für die Durchführung eines Projektes entschieden,
stellt sich die nächste Frage: Soll ein Team gebildet werden oder kann
die Aufgabe auch durch andere Organisationsformen bearbeitet werden. Bei
Großprojekten könnte eine Teambildung schnell an ihre Grenzen
stoßen, denn die Anzahl der im Projekt tätigen Personen übersteigt
dort sehr schnell die »optimale Teamgröße«.28
In der Literatur zum Thema Projekt werden verschiedene Vorschläge
zur Klassifizierung von Projekten gemacht.29 Frese unterscheidet beispielsweise
folgende Kategorien:
- Sachzielorientierte Projekte / prozeßorientierte Projekte
- Extern beeinflußte Projekte / extern unbeeinflußte Projekte
- Projekte mit hohem Neuartigkeitsgrad / Projekte mit geringem Neuartigkeitsgrad.30
Die häufigste Einteilung erfolgt jedoch nach dem Charakter
des Projektziels oder des Projektinhalts. Dabei werden folgende Kategorien
unterschieden:
- Forschungs- und Entwicklungsprojekte
- Bauprojekte
- Anlagenbauprojekte
- Dienstleistungsprojekte, Organisationsprojekte.31
Um den Einfluß verschiedener Projektarten auf die Bedeutung
der Teambildung aber klar differenzieren zu können, wird von folgender
Unterscheidung ausgegangen:
- Organisation von Innovationsprojekten
- Organisation von Routineprojekten.32
Bei Innovationsprojekten erscheint es notwendig, weitgehend entscheidungs-
und handlungsautonome Projekteinheiten innerhalb der Unternehmung zu bilden.
Bei derart für das Unternehmen »komplexen« Projektaufgaben, ist eine
heterogene Gruppenzusammensetzung empfehlenswert, wie auch Ergebnisse der
Gruppenforschung zeigen. Die Gruppen sollen eine hohe Gruppenkohäsion
aufweisen, was sich durch den organisatorischen Sonderstatus der Projektgruppen
unterstützen läßt. Bei Innovationsprojekten ist demzufolge
eine echte Teambildung vorteilhaft.33
Um Routineprojekte durchführen zu können, wird dagegen
selten ein echtes Projektteam benötigt. Die Flexibilitäts- und
Innovationspotentiale werden bei Routineprojekten gar nicht benötigt.34
Eine Teambildung kann sogar die Projektlaufzeit verlängern und erhöhte
Kosten verursachen, die bei einer Ausführung des Projektes in der Standardorganisation
nicht anfallen würden. Denn eine Teambildung benötigt Zeit, um
aus der heterogen zusammengesetzten Projektgruppe ein Team zu formen. Während
dieses Zeitraums wird sich aber die Gruppe nicht mit der eigentlichen Aufgabe
auseinandersetzen.35
Diese beiden Projektausprägungen sind Extremfälle.
Eine Klassifizierung von Projekten kann aber nicht immer eindeutig erfolgen,
sondern es besteht ein fließender Übergang zwischen den beiden
Ausprägungen, d.h. in der Praxis läßt sich nicht immer eine
so eindeutige Abgrenzung vornehmen. Die obigen Einteilungen können also
nur Tendenzen widerspiegeln.
2.3.
Projektorganisation:
Strukturelle Regelungen als Mittel zur Verhaltenssteuerung
2.3.1.
Einordnung eines Projektes
in die bestehende Organisationsstruktur des Unternehmens
In der Organisationstheorie wird in der Regel davon ausgegangen,
daß das Verhalten Strukturen folgt. Demzufolge lassen sich Strukturen
als Instrumente der Verhaltenssteuerung interpretieren.36 Aus diesem Grund wird in
dieser Arbeit auch kurz auf die Gestaltung der Organisationsstruktur in Projekten
eingegangen, da das Verhalten in Projektteams durch die bei Projekten anfänglich
eingeführte Organisationsstruktur beeinflußt wird.
Da Projekte häufig einen funktionsübergreifenden Charakter
aufweisen, ist eine projektspezifische Aufgaben-, Kompetenz- und Verantwortungszuweisung
erforderlich. Das Hauptproblem besteht dabei in der Abgrenzung der Projektaufgaben
von den Aufgaben, die in den vorhandenen Organisationseinheiten durchgeführt
werden können. Nur für jene Aufgaben, die in den vorhandenen Organisationseinheiten
nur unter Inkaufnahme prohibitiv hoher Transaktionskosten abgewickelt werden
können, sollten vorübergehende Projektorganisationseinheiten geschaffen
werden. Die drei Alternativen Stabsprojektorganisation, Matrixprojektorganisation
und reine Projektorganisation ergeben sich dann anhand der Verteilung der
Entscheidungs- und Weisungsrechte.37 Diese Grundformen lassen
sich im wesentlichen durch die Kriterien »Ressourcenautonomie«, »Verselbständigung
gegenüber der Basisorganisation« und »projektinterne Strukturierung«
unterscheiden.38 Im folgenden wird ein kurzer
Überblick über die drei Grundformen gegeben:
- Stabsprojektorganisation bzw. Einflußprojektorganisation39
Bei dieser Organisationsform werden alle Projektarbeiten weiterhin
in der bestehenden Linienorganisation ausgeführt. Die formalen Entscheidungs-
und Weisungsbefugnisse besitzt nur die Linieninstanz.40 Der Projektleiter,
als Stab in die Unternehmensorganisation eingeordnet, hat nur die Aufgaben
der Koordination und Motivation der am Projekt beteiligten Mitarbeiter.41 Um dies
zu ermöglichen, besteht seine Hauptaufgabe in der Informationssammlung
und Entscheidungsvorbereitung.42 Aufgrund seines hohen
Informationsstandes und der Nähe zur Unternehmensleitung kann er häufig,
trotz seiner fehlenden formalen Befugnisse gegenüber den Mitarbeitern
der Fachabteilungen, einen erheblichen Einfluß auf das Projekt ausüben.43 Deshalb wird auch häufig
von Einflußprojektorganisation gesprochen.
Da die am Projekt beteiligten Mitarbeiter weiterhin direkt
in den Fachabteilungen arbeiten, wird eine gemeinsame Normenbildung sehr
erschwert und die Entwicklung eines Teams wird in den seltensten Fällen
möglich sein.44
Durch die fehlende Verantwortlichkeit für das Gesamtprojekt
und die schwierige abteilungsübergreifende Zusammenarbeit,45 ist die Stabsprojektorganisation
nur für kleinere Projekte geeignet, "
die den Rahmen der
herkömmlichen Aufgaben nicht wesentlich übersteigen
"46
- Matrix-Projektorganisation47
Prinzipiell kommen bei der Grundform der Matrixorganisation
gleichzeitig mindestens zwei Gliederungsprinzipien zur Anwendung. Die Matrix-Projektorganisation
ist gekennzeichnet durch eine Überlagerung der Funktionsgliederung
durch eine Projektgliederung.48 Abbildung 9 im Anhang
gibt die Struktur der Matrix-Projektorganisation beispielhaft wieder.
Im Gegensatz zur Stabsprojektorganisation hat die Matrix-Projektleitung
unmittelbare Weisungsbefugnisse gegenüber den am Projekt beteiligten
Mitarbeitern, die in den Stammabteilungen verbleiben. Vielmehr wird sogar
die Matrix-Projektorganisation auf diese Fälle beschränkt.49 Die Aufgabe des Projektleiters
besteht primär in der Koordination des Projektes zwischen den Abteilungen.50
Da aber nun die Mitarbeiter zwei Vorgesetzte haben, müssen sie häufig
die sich widersprechenden Anweisungen der Matrix-Manager (Projektleiter
und Linienvorgesetzter) ausbalancieren.51 Damit ergeben sich
aufgrund des sich überschneidenden Kompetenzsystems automatisch Folgeprobleme
in Form von institutionalisierten Konflikten. Das Konfliktpotential zwischen
Linie und Projekt könnte auf den ersten Blick als Einschränkung
der Anwendbarkeit der Matrix-Projektorganisation betrachtet werden. Diese
Betrachtungsweise kann jedoch nur dann zutreffen, wenn Konflikte als etwas
Negatives, Störendes empfunden werden, die die Gesamtzielerreichung
des Unternehmens gefährden.52
Allerdings läßt sich nicht allgemein sagen, ob Konflikte
positive oder negative Auswirkungen haben. Dies hängt von der Art
des Konflikts (Sach- oder Beziehungskonflikt) und der Art des Umgangs mit
einem Konflikt ab. Ein Grundgedanke der Matrixorganisation besteht nun
sogar darin, Konflikte offen auszutragen, d.h. Konflikte nicht zu verdecken
die auch bei einer anderen Organisationsstruktur auftreten würden.
Durch diese Art der Handhabung der Konflikte soll eine innovationsfreundliche
Problemlösungsumgebung geschaffen werden.53 Rolf Bühner schreibt
dazu: "Die gleichzeitige und gleichberechtigte Berücksichtigung
von Aufgabenmerkmalen kompliziert (Ziel-)Konflikte, die im Wege einer Kooperation
von Matrix-Stellen und Schnitt-Stellen produktiv zu lösen sind."54
Eine derartige Organisationsstruktur stellt natürlich
hohe Anforderungen sowohl an die Qualifikation der Mitarbeiter, sowie an
die Kommunikations- und Informationsbereitschaft.55 Um diese
Kommunikations- und Informationsbereitschaft zu unterstützen, bedarf
es der Betonung des Teamgedankens und der Teambildung anstatt der weiteren
Verfolgung hierarchisch geregelter Über- und Unterordnungsverhältnisse.
Damit kann auch von einer Matrixkultur gesprochen werden.56 "Matrixgruppen
aus Mitarbeitern der Matrixstellen und -zellen bieten die Möglichkeit,
Probleme relativ hierarchiefrei in größeren Gruppen
zu
lösen."57
Da aber die Mehrzahl der am Projekt beteiligten Mitarbeiter weiterhin in
den Stammabteilungen arbeiten, ebenso wie in der Stabsprojektorganisation,
und damit eine Tendenz zum Ressortegoismus bestehen bleibt, ist die Teambildung
für den Projektleiter ein schwieriges Unterfangen.
Damit hat sich gezeigt, daß die Matrix-Projektorganisation
eine aufwendige Organisationsform ist, sie kann jedoch für eine Vielzahl
von Projekten eingesetzt werden, da sie sehr vielseitig ist. Dadurch daß
die Mitarbeiter in den Stammabteilungen weiterarbeiten, werden die zur
Verfügung stehenden knappen Ressourcen geschont.58 Jedoch bestehen Risiken
darin, daß die Zusammenarbeit zwischen den Projektbereichen und den
Funktionsbereichen nicht ausreichend funktioniert59 und damit der Personalaufwand
in der Projektleitung erheblich steigt, um die Koordinationsaufgaben durchführen
zu können.60 Damit werden zwar Mitarbeiterressourcen
geschont, jedoch bei der Projektleitung werden Ressourcen unnötig
gebunden.
- Reine Projektorganisation61
Die reine Projektorganisation ist die nachhaltigste Anpassung
der Organisationsstruktur an die Durchführung eines Projektes. Der
Projektleiter hat dabei die uneingeschränkte Weisungsbefugnis über
die Projektmitarbeiter,62 da diese
aus den bisherigen Abteilungen herausgelöst und in einer eigenständigen
Projektorganisation zusammengefaßt werden. Sie sind damit von allen
anderen Aufgaben befreit.63 Damit verfügt
der Projektleiter sowohl über sachliche wie auch personelle Ressourcen,
die der übrigen Nichtprojektorganisation für die Dauer der Durchführung
des Projektes entzogen sind, womit diese Organisationsvariante eine hohe
Ressourcenautonomie als auch einen hohen Grad der Verselbständigung
gegenüber der Basisorganisation aufweist.64
Die Vorteile dieser Organisationsform liegen in der Konzentration
auf das Projektziel. Da ein ständiger Kontakt zwischen den Beteiligten
vorliegt, kann sich relativ leicht ein ausgeprägter Gemeinschaftsgeist
entwickeln. Aus diesem Grund sind die Voraussetzungen für eine echte
Teambildung auch denkbar günstig. Die Gefahr dieser Organisationsform
besteht jedoch in der organisatorisch zu gering betonten Flexibilität,
besonders durch die Probleme der Bereitstellung und hinreichenden Auslastung
der Projektressourcen als auch der Reintegration der Projektmitarbeiter
in die Stammorganisation nach Durchführung des Projektes.65 Spezialisten
die nicht mehr oder nur noch teilweise im Projekt benötigt werden,
verbleiben häufig weiterhin im Projekt. Damit werden Ressourcen nicht
mehr effizient eingesetzt.66
Die reine Projektorganisation ist deshalb "
für
außerordentliche Vorhaben mit großem Umfang, die relativ wenig
Berührung zu den herkömmlichen Aufgaben haben
"67 geeignet.
Die getrennte Darstellung der Grundformen der Projektorganisation
bedeutet aber nicht, daß diese nicht variiert werden können
und eventuell Mischformen entstehen.68
2.3.2.
Interne Organisation
des Projektbereichs
Gerade bei Großprojekten, die in der Struktur der reinen
Projektorganisation durchgeführt werden, sollte eine interne Organisation
des Projektes erfolgen, da allein durch ein Zusammenstellen der Mitarbeiter
noch keine Organisationsstruktur entsteht. Wenngleich der Projektleiter69
alle Weisungsbefugnisse gegenüber den Projektmitarbeitern besitzt, ist
eine eventuelle Projektgruppenstruktur damit noch nicht zwangsläufig
geregelt. Für die Bildung von Teams gibt es deshalb eine Vielzahl von
Organisationsformen. Beispielhaft sollen hier nur das »Modell der ergänzenden
Teamvermaschung« nach Schnelle, das »Colleague-Modell« nach Golembiewski
oder auch das »Modell der überlappenden Gruppen« nach Likert genannt
werden.70 Da sich jedoch die verschiedenen
Modelle in wesentlichen Punkten ähneln, und damit die geringfügigen
Unterschiede keinen entscheidenden Einfluß auf die vorliegende Arbeit
haben, wird hier auf eine ausführliche Diskussion der Modelle verzichtet.
2.4.
Die Zusammensetzung
von Projektgruppen
2.4.1.
Rekrutierung von internen
und externen Mitarbeitern
Steht im Unternehmen das nötige Wissen für die Durchführung
des Projektes nicht in ausreichendem Maße bereit, so kann es notwendig
sein externe Experten in das Projekt mitaufzunehmen. Dies trifft besonders
auf Projekte zu, die sich nicht direkt mit der Leistungserstellung des Unternehmens
beschäftigen, sondern beispielsweise interne Verwaltungsprozesse zum
Inhalt haben. Eine Aufnahme externer Experten ist aber nicht unproblematisch,
denn wird das Team aufgrund mangelnder Kompetenzen durch externe Mitarbeiter
verstärkt, so kann dies zu Verstimmungen im Team führen.71 Die externen
Mitarbeiter werden dann eventuell nicht in das Team integriert und eine Untergruppenbildung
findet statt. Zwischen diesen Untergruppen können dann Konflikte auf
der Sach- und Beziehungsebene auftreten.72 Die Projektleitung
muß, um Konflikte auf der Beziehungsebene zu vermeiden, den internen
Mitarbeitern deutlich machen, daß der Projekterfolg nur durch die Integration
der externen Mitarbeiter erreicht werden kann.73
Abbildung 1
Die Zusammensetzung einer Projektgruppe74
Die Unterscheidung zwischen externen und internen Mitarbeitern
braucht aber auf keinen Fall identisch sein mit der Unterscheidung zwischen
Betroffenen und Außenstehenden. Betroffene sind Personen, die nach
Abschluß des Projektes mit dem Projektgegenstand in ihrer täglichen
Arbeit zu tun haben werden, Außenstehende dagegen nutzen den Projektgegenstand
später nicht. Sie haben nur ihr Fachwissen zur Erreichung des Projektziels
zur Verfügung gestellt.75
Für die Zusammensetzung eines Projektteams spielt das Ausmaß der
Beteiligung von Betroffenen eine wichtige Rolle.76
2.4.2. Kriterien für
die Auswahl von Projektmitarbeitern
Die Zusammensetzung der Mitglieder eines Projektteams hat einen
entscheidenden Einfluß auf die Erreichung des Projektziels. Nicht nur,
daß die Art und die Menge des zur Verfügung stehenden Wissens
für das Projekt mit dieser Entscheidung bestimmt wird, sondern auch
das soziale Klima kann entscheidend beeinflußt werden. Nicht umsonst
wird neben der fachlichen Qualifikation die Teamfähigkeit der potentiellen
Projektmitarbeiter in der Literatur gefordert.77 Zu dieser Teamfähigkeit gehören unter
anderem Qualitäten wie kommunikative, methodische und soziale Kompetenzen.78 Um aber die interdisziplinären
Aufgabenstellungen von Projekten bewältigen zu können, muß
das Team aus einer Vielzahl von Experten bestehen, d.h. Spezialisten unterschiedlicher
Fachrichtungen müssen im Projekt integriert werden.79
Aus dem Merkmal »Anzahl der Fachrichtungen« und dem im letzten Abschnitt
eingeführten Merkmal »Ausmaß der Beteiligung von Betroffenen«
ergibt sich die Heterogenität eines Projektteams, was in Abbildung 1
dargestellt wird.
Nimmt man nun an, daß die Komplexität des Projektgegenstandes
einen Einfluß auf die Anzahl notwendiger Spezialisten im Projektteam
hat, so steigt mit zunehmender Komplexität die Größe des
Projektteams.80
Aber die Projektgröße hat wiederum einen entscheidenden Einfluß
auf die Qualität der Teamarbeit, denn die Anzahl der einseitigen Beziehungen
wächst mit steigender Teamgröße überproportional an,
was die Verständigung und Wissensübertragung immer mehr erschwert.81
Zudem kommt noch hinzu, daß in Gruppen das Phänomen des sozialen
Bummelns82 auftreten kann. "Es
hat sich gezeigt, daß soziales Bummeln mit wachsender Gruppengröße
zunimmt."83 Es besteht
also ein konfliktäres Verhältnis zwischen dem Grad der Heterogenität
und der Teamgröße. Um diesen Konflikt zu lösen, könnte
beispielsweise das Projektteam in mehrere Untergruppen aufgeteilt werden,
die spezielle Aufgaben übernehmen. Im Idealfall würden dann aus
einem Team mehrere Teams entstehen.84
2.4.3.
Qualifikationsanforderungen
an einen Projektleiter
In der Projektliteratur werden häufig Kriterienkataloge
aufgeführt, die ein potentieller Projektleiter erfüllen muß,
so daß er als geeignet für die Position befunden werden kann.85 Derartige Kriterienkataloge
können jedoch aufgrund der Einzigartigkeit von Projekten nicht allgemeingültig
sein. Würde man dennoch versuchen eine Liste zu kreieren, die alle eventuellen
Fähigkeiten beinhaltet, so wäre diese aufgrund ihres Umfangs sehr
unübersichtlich und für den praktischen Einsatz nicht anwendbar.
Gleichwohl können Kriterienkataloge eine Tendenz wiedergeben. Es besteht
aber die Gefahr, daß in der betrieblichen Personalauswahl eine Resignation
eintritt, da kaum ein Bewerber die auf Basis von Kriterienlisten geforderten
Qualifikationen besitzt. Es könnte dann das Phänomen auftreten,
daß der nächstbeste momentan freie Mitarbeiter ausgewählt
wird, da ein »Supermann-Projektleiter« nicht gefunden werden kann.86 Allerdings wird diese Problematik
beispielsweise von Rinza nicht gesehen, denn er schlägt vor, in jedem
Fall einen Mitarbeiter aus dem eigenen Unternehmen als Projektleiter zu wählen,
selbst wenn dieser keine praktischen Projektleitungserfahrungen besitzt.87
Um diese Problematik in der Praxis nicht entstehen zu lassen,
müssen die Qualifikationsanforderungen an Projektleiter allgemeiner
gehalten werden. Dazu machen Erb/ Zumbühl einen Vorschlag und gehen
dabei davon ab, den Projektleiter als den fachlich besten Mitarbeiter im
Team zu sehen. Statt dessen stellen sie die drei folgenden Anforderungen
an ihn:
- Fachkompetenz
- Methodenkompetenz
- Soziale Kompetenz.88
Unter Methodenkenntnissen wird das Beherrschen von Methoden und
Techniken des Projektmanagements, wie Projektplanung und auch Präsentations-
und Problemlösungstechniken verstanden. Soziale Kompetenz bedeutet,
daß der Projektleiter die Fähigkeit der Gruppen- und Gesprächsführung
besitzt,89
er muß demzufolge ein guter Moderator sein.90
Abschließend ist damit zu sagen, daß ein Projektleiter
nicht der fachlich Beste sein muß, der alles weiß und alles kann,
sondern er schafft die Rahmenbedingungen für die Fachspezialisten in
der Gruppe. Er fördert damit die Teamentwicklung und koordiniert während
des Projektes die einzelnen Tätigkeiten und Teammitglieder.91
2.5.
Zielkonflikte
und Informationsasymmetrien als Ursachen von Verhaltensinterdependenzen in
Projektteams
In arbeitsteiligen Unternehmen verfolgen nicht alle Mitarbeiter
immer die gleichen Ziele, d.h. das von der Unternehmensleitung vorgegebene
Zielsystem wird nicht von allen unterstützt.92 Deshalb kann es zu Zielkonflikten
zwischen den im Unternehmen tätigen Personen kommen. Diese Zielkonflikte
können wiederum Auswirkungen auf das Verhalten der Mitarbeiter haben.
Diese Auswirkungen werden durch stark unterschiedliche Informationsstände
verstärkt.93 Und gerade bei Projekten ist die Problematik von
Zielkonflikten und Informationsasymmetrien besonders groß, da Mitarbeiter
aus verschiedenen Unternehmensbereichen und mit unterschiedlichsten Qualifikationen
in einem Team zusammenarbeiten müssen.94 Wie Abbildung
2 zeigt, sind Informationsasymmetrien und Zielkonflikte Hauptursachen von
Verhaltensinterdependenzen. Dezentralisation ist demgegenüber nur eine
Folge von vorhandenen Informationsasymmetrien.95 Der Prinzipal
hat einen geringeren Informationsstand als die Agenten und muß deshalb
die Aufgaben, die zur Zielerreichung notwendig sind, an die Agenten verteilen.
Die Aufgaben werden damit an mehrere spezialisierte Projektmitarbeiter verteilt.
Um nun den Agenten ein verantwortliches Handeln zu ermöglichen, müssen
ihnen Handlungsspielräume zugestanden werden, d.h. durch Delegation
müssen den Agenten formal Entscheidungskompetenzen zugewiesen werden.96 Delegation ist damit indirekt
auch eine Folge von bestehenden Informationsasymmetrien.
Wird keine Anstrengung unternommen, um die Ursachen von Verhaltensinterdependenzen
zu bekämpfen, so kann es zu den in Abbildung 2 aufgelisteten Auswirkungen
kommen. Einige der Auswirkungen werden beispielsweise sehr häufig in
der Literatur zum Thema Projekt aufgeführt.97 Bei zu großen
Gruppen und sehr heterogenen Gruppenmitgliedern kann es schnell zu informeller
Gruppenbildung kommen. Mitarbeiter stellen ihren Arbeitseinsatz positiver
dar, mit der Absicht ihre erfolgsabhängige Prämie zu erhöhen,
oder sie »drücken« sich vor der Arbeit und müssen nur einen Teil,
des durch sie verursachten Erfolgsrückgangs, selbst tragen.98 Es kann somit auch zu Manipulationen und Fehlbeurteilungen
kommen. Zusätzlich ist die Gefahr des Ressortegoismus nicht zu verkennen.
Wird der Mitarbeiter weiterhin nicht vom Projektleiter beurteilt, sondern
von seinem Linienvorgesetzten und hängen deshalb seine Karrierechancen
von der Beurteilung des Linienvorgesetzten ab, wird er sich für seine
Linientätigkeit stärker einsetzen, als für die Projekttätigkeit.99
Abbildung 2
Ansatzpunkte zur Herleitung von Koordinationsaufgaben bei Verhaltensinterdependenzen100
Es bestehen nun zwei Ansätze der Problematik von Verhaltensinterdependenzen
zu begegnen. "Der eine bezieht sich auf die Ursache von Verhaltensinterdependenzen,
d.h. ausgehend von den Grundannahmen des Principal-Agent-Ansatzes wird untersucht,
wie Zielkonflikte und Informationsasymmetrien beseitigt werden können."101 Ein solches
Vorgehen kann aber bei Projekten nicht sinnvoll sein, da Informationsasymmetrien
zwischen den beteiligten Mitarbeitern, eine notwendige Voraussetzung für
die Durchführung von Projekten ist. Denn nur durch das Bestehen von
Informationsasymmetrien kann ein heterogen zusammengesetztes Team gebildet
werden.102 "Der zweite Ansatz
besteht darin, Verhaltensinterdependenzen als gegeben zu akzeptieren
und Mechanismen zum Interessenausgleich zwischen Prinzipal und Agent zu empfehlen."103 In diesem Fall werden dem Agenten große
Freiheiten beim Treffen seiner erfolgswirksamen Entscheidungen eingeräumt.
Die Zielerreichung des Prinzipals hängt damit in entscheidender Weise
vom Verhalten des Agenten oder der Agenten ab.104 Diese Arbeit orientiert
sich am zweiten Weg, da der erste Weg "
im Extremfall zu einer
zentralistischen Organisationsstruktur
"105 führt, die durch das Durchführen eines
Projektes gerade verlassen werden soll.
3. Analyse der Projektteambildung
durch Prinzipal-Agent Ansätze
3.1.
Informationsasymmetrien
3.1.1.
Informationsasymmetrien
- Grundvoraussetzung für Projektteams
Um zu klären ob Informationsasymmetrien zur erfolgreichen
Durchführung von Projekten benötigt werden, muß noch einmal
auf die Definitionsmerkmale von Projekten eingegangen werden. Hierbei sind
vor allem die Merkmale Komplexität (interdisziplinärer Charakter),
Schwierigkeit, Umfang und Neuigkeit von Bedeutung.106 Aus dieser
Auflistung wird deutlich, daß diese Anforderungen in den seltensten
Fällen von einer Person allein erfüllt werden können. Der
interdisziplinäre Charakter von Projekten führt dazu, daß
mehrere Personen aus verschiedenen Unternehmensbereichen im Projekt tätig
sein müssen, um das nötige Wissen in das Projekt einbringen zu
können.
Die bisher beschriebenen Informationsasymmetrien bezogen sich
aber nur auf die Asymmetrien zwischen den einzelnen Agenten. Da aber meistens
keine einzelne Person das gesamte Wissen der im Projekt tätigen Personen
allein besitzen kann,107 somit auch nicht der Prinzipal,108 muß demzufolge auch eine Informationsasymmetrie
zwischen der Gesamtheit der Agenten und dem Prinzipal vorliegen. Eine Informationsasymmetrie
existiert auch deshalb, "
weil es ja gerade der Sinn einer dezentralen
Planung ist, verschiedenen Entscheidungsträgern die Aufgaben der Informationsbeschaffung
und -auswertung für verschiedene Entscheidungsfelder zu übertragen."109 Damit ist die Problematik von »Adverse selection«,
»Moral hazard« und »Hold up« prinzipiell in Projekten existent. Das spezielle
Auftreten der drei Probleme wird in Abschnitt 3.1.2 untersucht.
Abbildung 3
Verteiltes und gemeinsames Wissen von Personengruppen110
Die Notwendigkeit von Informationsasymmetrien kann aber nicht
nur aus der obigen Argumentation abgeleitet werden, sondern auch in einer
Vielzahl von Veröffentlichungen zum Thema »Projekt« wird gefordert,
Mitarbeiter mit verschiedenen Kenntnissen und Erfahrungen in ein Projekt
zu integrieren.111 Dies bedeutet aber zugleich, daß zahlreiche
spezialisierte Experten im Projektteam mitarbeiten müssen.112
Aufgrund der Arbeitsteilung und der damit einhergehenden Spezialisierung
wird das insgesamt im Projekt verfügbare Wissen vermehrt,113 "
andererseits schrumpft aber auch der Umfang des gemeinsamen, von mehreren
Wirtschaftssubjekten geteilten Wissens und Könnens."114 Diese Spezialisierung
führt zugleich zu einer wachsenden gegenseitigen Verständnislosigkeit.115 Hieraus entsteht eine
Koordinationsaufgabe, die um so umfangreicher und komplexer wird, je größer
die Wissensunterschiede im Projekt sind. Diese Koordinationsaufgabe wird
dadurch noch erschwert, daß die von den Agenten erbrachten Leistungen
ex post häufig nicht beurteilt werden können, da dem Prinzipal
das Wissen zur Beurteilung fehlt.116
3.1.2. Formen von Informationsasymmetrien
und deren projektspezifische Besonderheiten
3.1.2.1. Hidden
characteristics
"Hidden characteristics liegen vor, wenn der Principal unveränderliche
(oder zumindest nicht mehr kostenlos veränderbare) Eigenschaften, die
sich auf den Agent selbst oder auf die von diesem angebotene Leistung beziehen
können, ex ante, d.h. vor dem eigentlichen Vertragsabschluß, nicht
kennt."117 Die Eigenschaften des Agent werden dem Prinzipal
erst ex post bekannt.
Bei Projekten ist diese Problematik differenziert zu betrachten,
da einerseits der potentielle Projektmitarbeiter häufig schon im Unternehmen
tätig ist und deshalb gewisse Einsichten in dessen Eigenschaften in
der Vergangenheit möglich waren. Damit wäre der Fall des Hidden
characteristics von untergeordneter Bedeutung, da man die Eigenschaften bis
zu einem gewissen Grade kennt. Aber dies bezieht sich in den Unternehmen
häufig nur auf die fachlichen Qualifikationen und nicht auf die Teamfähigkeit
der Mitarbeiter, die aber bei Projekten eine bedeutende Rolle besitzt.118 Zusätzlich
ergibt sich die Problematik, daß manche Linienvorgesetzte durch die
Einführung eines Projektes den Versuch unternehmen, ihre schlechten
Mitarbeiter an das Projekt abzugeben. Kennt der das Projektteam zusammenstellende
Mitarbeiter die potentiellen Projektmitarbeiter selbst nicht und kann er
sich auf die Aussagen der Linienvorgesetzten nicht verlassen, so besteht
die Informationsasymmetrie weiterhin.
Die in Abbildung 4 genannten Arten der Problembewältigung
für Hidden characteristics, wie Signalling, Screening, Self-Selection
und Interessenangleichung suggerieren, daß aufgrund dieser Methoden,
das Problem der Adverse selection gelöst wird. Aber der Mitarbeiter,
der die Projektmitarbeiter auswählt, kann seine Wunschvorstellungen
hinsichtlich Quantität nur in sehr begrenztem Maße realisieren,
da in Unternehmen selten freie Humanressourcen in unbegrenztem Ausmaß
vorhanden sind. Und auch qualitativ können die Wunschvorstellungen von
der realen Unternehmenssituation stark abweichen.119
Abbildung 4
Formen von Informationsasymmetrien120
3.1.2.2. Hidden action
bzw. Hidden information
Von Hidden action wird gesprochen, wenn der Prinzipal die Handlungen
des Agenten nicht beobachten kann. Hidden information dagegen bedeutet, daß
der Prinzipal die Handlungen des Agenten nicht beurteilen kann, selbst wenn
er in der Lage wäre sie zu beobachten.121 Dies "
läßt sich auch damit begründen, daß man eine Handlung
nicht allein durch die Beobachtung der Tätigkeit verstehen kann. Um
eine Handlung zu begreifen muß man ihren Sinn bzw. ihre Absicht kennen."122 Beide Arten
von Informationsasymmetrien weisen aber die gleiche Problemstruktur auf,123 und damit resultiert
das Problem des Moral hazard.124 Deshalb
wird in dieser Arbeit keine explizite Unterscheidung zwischen diesen beiden
Arten von Informationsasymmetrien getroffen.
Dadurch, daß der Prinzipal die Handlungen des Agenten entweder
nicht beobachten oder nicht beurteilen kann, entsteht die Gefahr, daß
der Agent die durch die Informationsasymmetrien entstehenden diskretionären
Handlungsspielräume, opportunistisch ausnutzt.125
Im Standardfall der Agency-Theorie kennt der Prinzipal zwar das
Handlungsergebnis, kann aber nicht erkennen, inwieweit dieses aufgrund der
Handlungen des Agenten oder aufgrund exogener Faktoren entstanden ist. Wird
das Standard Agency-Modell um die Annahme mehrerer Agenten erweitert, so
bleibt die Problematik bestehen, daß der Prinzipal nicht erkennen kann,
ob das Ergebnis aufgrund der Handlungen der Agenten oder aufgrund exogener
Faktoren entstanden ist. Aber zusätzlich besteht noch das Problem, daß
häufig bei Projekten nicht einmal die individuellen Handlungsbeiträge
der einzelnen Agenten identifiziert werden können und einzelne Agenten
ihren Nutzen auf Kosten der anderen Agenten maximieren.126 Es kann aber auch der Fall sein, daß die
Agenten eventuell ihre Handlungen aufeinander abstimmen um damit Vorteile
auf Kosten des Prinzipals zu erzielen. Dies wird auch als Kollusion bezeichnet.127 Um diese
negativen Auswirkungen der Informationsasymmetrien zu beheben, muß
ein Anreizsystem geschaffen werden. Einige Mehragenten-Modelle für den
Hidden action bzw. den Hidden information Fall werden in Abschnitt 3.4.3
analysiert, die damit die Problematik des Moral hazard zum Inhalt haben.
3.1.2.3. Hidden intention
"Hidden intention liegt vor, wenn der Principal ex ante
nicht weiß, wie sich der Agent im Laufe der Leistungsbeziehung verhalten
wird."128
Der Prinzipal erkennt aber ex post das abweichende Verhalten des Agenten,
im Gegensatz zu Hidden action.129
Es wird demzufolge von Hidden intention dann gesprochen, "
wenn
der Principal opportunistisches Verhalten des Agent im Gegensatz zu Hidden
action bzw. Hidden information zwar erkennen, aber nicht verhindern kann."130
Hidden intention kann aber nur dann für den Prinzipal zum Problem werden,
falls er irreversible Investitionen durchführt, durch die er in ein
einseitiges Abhängigkeitsverhältnis gegenüber dem Agenten
gelangt und den Agenten ex post nicht mehr zu einem interessenkonformen Verhalten
»zwingen« kann.131 Die Kosten, die mit irreversiblen Investitionen
verbunden sind und bei Vertragsauflösung wertlos würden, werden
auch als »Sunk Costs« bezeichnet.132 Das Problem, das durch das Vorliegen von Hidden
intention entsteht, wird als »Hold up« bezeichnet.133
Es ist nun zu untersuchen, ob derartige Hold up Situationen in
Arbeitsverhältnissen und speziell in Projektarbeitsverhältnissen
vorliegen. Hold up kann nur auftreten, falls die Leistungsverpflichtung des
einen Vertragspartners genau bestimmt, die des anderen Vertragspartners dagegen
nicht genau bestimmt ist. Dies liegt in Projektarbeitsverhältnissen
prinzipiell in besonderem Maße vor. Die Verpflichtung zur Lohnzahlung
des Arbeitgebers ist durch den Vertrag genau vorgegeben. Die Pflicht zur
Erbringung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ist in der Mehrzahl der
Fälle nur relativ offen geregelt.134 Der
Arbeitnehmer hat damit einen Verhaltensspielraum aus dem Arbeitsvertrag.
Die Abhängigkeit des Arbeitgebers kann einerseits durch
Sunk Costs entstehen, bei Projekten folglich die Kosten für die lange
Einarbeitungszeit des Teams.135
Wird der Arbeitnehmer aus dem Team entfernt, so muß das Team bei der
Integration eines neuen Mitarbeiters diese Anfangsphase von neuem durchlaufen.
Die Investitionskosten fallen damit wieder an.136 "Die Abhängigkeit des Arbeitgebers
kann aber auch durch Kündigungsschutzbestimmungen begründet sein,
wenn diese eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur in bestimmten
Fällen deutlicher Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers erlauben, in
allen anderen Fällen aber nur eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses
durch einen Aufhebungsvertrag mit entsprechenden Abfindungen ermöglicht."137 Und ein besonders wichtiger
Punkt bei Projekten ist der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern am Arbeitsmarkt,138 d.h. ein
Projektmitarbeiter kann nicht einfach aus dem Projekt entfernt werden, da
dann aufgrund mangelnder Qualifikation neuer Mitarbeiter die Einhaltung des
Projektendtermins in Gefahr ist, was zu sehr hohen Kosten oder zu drastischen
Ertragsausfällen führen kann. Dies trifft besonders auf Forschungs-
und Entwicklungsprojekte zu.
Um diese Problematik des Hold up zu beseitigen, muß versucht
werden, die einseitige Abhängigkeit in ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis
zu übertragen.139 Bei Projekten besteht beispielsweise die Möglichkeit,
die Karrierechancen des Arbeitnehmers im Unternehmen zu verringern, falls
dieser die Hidden intention Situation ausnutzt.
Zum Abschluß des Abschnitts Informationsasymmetrie muß
angemerkt werden, daß asymmetrische Informationsverteilung nicht unbedingt
zu Schwierigkeiten führen muß. Sie ist dann unproblematisch, falls
zu keinem Zeitpunkt Interessenkonflikte auftreten.140
3.2. Unterschiedliche
Zielvorstellungen und Interessen als Grundlage von Konflikten
3.2.1. Zielkonflikte innerhalb
von Projektteams
Bei einer Agency-Beziehung zwischen einem Prinzipal und einem
Agenten können Zielkonflikte zwischen diesen beiden Vertragspartnern
die Ursache von Verhaltensinterdependenzen sein.141 In diesem Abschnitt sollen jedoch Zielkonflikte
untersucht werden, die zwischen den Teammitgliedern auftreten, und nicht
zwischen dem Team und dem Teamleiter. Dabei stellt sich die Frage, ob auch
Zielkonflikte innerhalb eines Teams einen Einfluß auf die Ausgestaltung
eines Anreizsystems haben.
Nimmt man dazu an, daß alle Teammitglieder ein identisches
Zielsystem verfolgen, oder daß bei unterschiedlichen Zielen Komplementarität
zwischen diesen Zielen vorliegt, so ist die Gefahr des Moral hazard in Teams
relativ gering. Bei Zielkomplementarität wird sogar eine intensive gegenseitige
Zusammenarbeit begünstigt, da durch ein verbessertes Niveau der einen
Zielgröße auch das Niveau einer anderen komplementären Zielgröße
gefördert wird.142 Durch eine
Zusammenarbeit kann damit die Zielerreichung der verschiedenen Ziele der
Projektmitarbeiter gleichzeitig verbessert werden. In diesem Fall einer zielhomogenen
Gruppe können die Teammitglieder zu einem fiktiven Agenten zusammengefaßt
werden, der die Gruppenmeinung widerspiegelt und den Gruppennutzen maximiert.143 Die Beziehungen
zwischen den Teammitgliedern führen zu keiner besonderen Problematik,
weshalb auch ein Einagenten-Modell zur Abbildung der Projektbeziehungen ausreicht.144
Die Annahme identischer Zielsysteme der verschiedenen Teammitglieder
impliziert aber nicht, daß damit kein Zielkonflikt zwischen dem Projektteam
und der Projektleitung vorliegen muß. Denn das Zielsystem des Teams
kann bewußt in Konflikt zum Ziel des Projektleiters stehen und damit
möglicherweise zum Projektzielsystem. Beispielsweise können sich
die Teammitglieder das Ziel setzen, Minimierung der Arbeitsanstrengung, das
sicherlich nicht mit dem Ziel des Projektes übereinstimmt, jedoch gemeinsam
vom Team getragen wird.
Liegen dagegen Zielkonflikte im Team vor oder die unterschiedlichen
Ziele stehen nicht in komplementärer Beziehung, so wollen die verschiedenen
Teammitglieder auch unterschiedlich handeln, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.145 Aufgrund dieser unterschiedlichen Ziele können
Konflikte in Projektteams entstehen. Um diese Verhaltensinterdependenzen
in einem Team durch ein Agency-Modell analysieren zu können, reicht
ein Einagenten-Modell nicht aus, da in einem derartigen Modell der zu untersuchende
Bereich nicht behandelt wird. Damit ist eine normativ-agencytheoretische
Analyse derartiger Beziehungen nur durch ein Mehragenten-Modell möglich,
da nur darin dieses Problemfeld explizit berücksichtigt werden kann.
3.2.2. Zielkonflikte zwischen
einem Projektteam und der Projektumwelt
3.2.2.1. Projektteam versus Projektleitung
Zwischen Projektteam und Projektleitung besteht ein Konflikt.
"Während der Principal ausschließlich an einem günstigen
finanziellen Ergebnis interessiert ist, ist für den Agent der Ertrag
nur insoweit relevant, als seine Entlohnung mit der Ertragshöhe variiert;
daneben berücksichtigt der Agent auch die Nutzenminderung, die mit seinem
Arbeitseinsatz verbunden ist."146 Aufgrund von bestehenden
Informationsasymmetrien zwischen Projektteam (Agenten) und Projektleitung
(Prinzipal), besteht für den Prinzipal nicht die Möglichkeit den
Agenten eine Handlungsweise direkt vorzugeben.147 Er kann auf das Verhalten
der Agenten somit nur indirekt durch Schaffung entsprechender finanzieller
Anreize einwirken. Dabei sind zwei konkurrierende Zielsetzungen zu berücksichtigen.
Einerseits sollen die Agenten im Team zu einem möglichst hohen Aktivitätsniveau
motiviert werden. Dies kann durch eine hohe Abhängigkeit der Entlohnung
der Agenten an der Projektertragshöhe erreicht werden. Da aber nicht
nur das Aktivitätsniveau Einfluß auf das Projektergebnis hat,
sondern auch zufällige Umwelteinflüsse einwirken können, muß
eine Optimierung der Risikoallokation zwischen Prinzipal und Agenten realisiert
werden. Die Konkurrenz der beiden Ziele wird besonders bei einem risikoneutralen
Prinzipal deutlich. Eine optimale Risikoallokation verlangt in diesem Fall,
daß der Prinzipal das ganze Risiko trägt und die Agenten eine
feste Entlohnung erhalten. Damit hat aber die Projektertragshöhe keinen
Einfluß auf die Entlohnung der Agenten, weshalb diese das geringstmögliche
Aktivitätsniveau wählen, das ihnen gerade noch das Erreichen des
Reservationsnutzenniveaus sicherstellt.
3.2.2.2. Projekt versus Linienorganisation
Da die Linie im Gegensatz zum Projekt ein auf Dauer ausgerichteter
Organisationsbereich im Unternehmen ist, verfolgt sie andere Ziele als ein
temporär durchzuführendes Projekt. Sie ist primär für
die Sicherung des Unternehmens verantwortlich, während Projekte im allgemeinen
die Erwirtschaftung eines angemessenen Ergebnisses zum Ziel haben.148
Dabei muß von Projekten abgesehen werden, die beim Scheitern durch
ihren enormen Umfang und dem damit verbundenen großen Investitionsvolumen,
den Fortbestand des Unternehmens gefährden können. Aus dieser Unterschiedlichkeit
der Zielsysteme zwischen Projektbereich und Linie, kann sich ein Anreizproblem
ergeben, falls die Projektgruppenmitglieder von ihren Linienvorgesetzten
abhängig sind. Dieser Konflikt durch die Abhängigkeit, existiert
nicht nur bei der Matrixprojektorganisation, sondern auch bei der reinen
Projektorganisation, da in den meisten Fällen letztendlich der Linienvorgesetzte,
der keinen Einblick in die Projektgruppenarbeit besitzt, über die Beförderung
seiner Untergebenen entscheidet. Der Projektmitarbeiter befindet sich damit
in einer Konfliktsituation, wenn sein Linienvorgesetzter vehement gegen eine
geplante Aktion der Projektgruppe eintritt. Soll in einem derartigen Fall
der Mitarbeiter für die Durchführung der geplanten Aktion stimmen,
obwohl er sich damit gegen seinen Linienvorgesetzten stellt, der dies bei
der nächsten Beförderungsbegutachtung negativ bewerten könnte.
Häufig wird dies ein Mitarbeiter nicht tun.149 Durch die beschriebenen Abhängigkeiten werden
mögliche Zielkonflikte zwischen dem Projekt und der Linie direkt in
die Projektbearbeitung einbezogen, was die Gesamtzielerreichung des Projektes
negativ beeinflussen kann.
Um diese Konflikte nicht in das Projekt zu bringen, müßte
die Beförderung der Agenten von der Leistungsbeurteilung des Projektleiters
abhängen, wie dies beispielsweise bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten
in Japan häufig der Fall ist. "Die Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter
erfolgt vom shusa und ist ausschlaggebend für ihre künftige Verwendung."150 Mit der vollständigen
Ausgliederung sind aber auch Probleme der Reintegration verbunden, die zu
einer verminderten Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter während des
Projektes führen können.151
3.2.2.3. Projekt versus externe und interne
Auftraggeber
Jedes am Projekt beteiligte Teammitglied hat seine eigenen Interessen
und Ziele. Diese persönlichen Ziele motivieren naturgemäß
das Verhalten stärker als fremd vorgegebene Ziele.152 In Projekten wird aber
in den meisten Fällen das Ziel vom Projektauftraggeber selbst definiert.
Das Projektteam soll nur die notwendigen Handlungen planen und durchführen,
die zur Erreichung des Projektziels notwendig sind. Damit müssen vom
Projektteam aber fremd vorgegebene Ziele verfolgt werden. Um diesem Problem
zu begegnen, liegt es nahe, das Projektzielsystem vom Projektteam in Absprache
mit dem Auftraggeber selbst zu entwickeln. Da aber eine Zieldefinition durch
das Projektteam eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt und bei Projekten ohnehin
ein großer Zeitdruck besteht, wird in vielen Fällen diese Vorgehensweise
aus Kosten- und Zeitgründen nicht möglich sein. Bleibt daher noch
die Möglichkeit für den Projektleiter, den Mitarbeitern das Gefühl
zu geben, daß sie mit der Tätigkeit im Projekt letztlich ihre
persönlichen Interessen und Ziele verfolgen. Dazu muß der Projektleiter
die persönlichen Ziele zuerst in Erfahrung bringen und anschließend
eine Verknüpfung zwischen den persönlichen Zielen und dem Projektzielsystem
herstellen.153
3.3. Anwendung von Einagenten-Modellen
auf Projektteams
3.3.1. Zusammenfassung mehrerer
Personen zu einem Agenten
Das Grundmodell der Prinzipal-Agency-Theorie geht davon aus,
daß ein Prinzipal bestimmte Aufgaben an einen einzigen Agenten delegiert,154 wobei die
Verhaltensannahmen der beschränkten Rationalität, der individuellen
Nutzenmaximierung, des Opportunismus und der Risikoneigung der beteiligten
Akteure berücksichtigt werden.155 Bei Projektteams besteht nun aber die Problematik,
daß nicht nur zwei Akteure, d.h. ein Prinzipal und ein Agent zu berücksichtigen
sind, sondern ein Prinzipal und zugleich mehrere Agenten. Um aber erste Einsichten
in die Prinzipal-Agent-Beziehung anhand eines einfach gehaltenen Modells
zu erhalten, werden gewöhnlich mehrere delegierende Personen zu einem
Prinzipal und mehrere Personen an die die Arbeit delegiert wird zu einem
Agenten zusammengefaßt. Im Modell werden demzufolge für den Fall
eines Projektteams die Teammitglieder zu einem Agenten zusammengefaßt.
Dieser fiktive Agent, der auch als Repräsentant des Teams bezeichnet
werden kann, spiegelt die Gruppenmeinungen des Teams wider und maximiert
den Gruppennutzen. In der Literatur wird beispielsweise häufig die Beziehung
zwischen den Aktionären und den Managern genannt, wobei die Zusammenfassung
der Gesamtheit der Aktionäre den Prinzipal darstellen und die Zusammenfassung
der Gesamtheit der Manager den Agenten ergeben.156
3.3.2. Der First-Order-Ansatz
als Modell der normativen Agency-Theorie
3.3.2.1. Die Grundlage von Ross
Das Modell von Stephen A. Ross gilt als Ausgangspunkt der entscheidungstheoretischen
Formalisierung des Agency-Gedankens. Hierbei wird das Optimum des Modells
anhand einer Bedingung erster Ordnung ermittelt, weshalb dieser Ansatz auch
als First-Order-Ansatz (oder First-Order-Approach) bezeichnet wird.157
Ross geht bei seinem Modell von den folgenden Voraussetzungen aus:158 Es besteht eine Agency-Beziehung
zwischen einem Agenten und einem Prinzipal, wobei für den Prinzipal
nicht die Möglichkeit besteht, den Agenten bei der Ausführung des
vom Prinzipal erteilten Auftrags zu überwachen. Der Prinzipal kann nur
das Ergebnis w der Tätigkeit des
Agenten in Erfahrung bringen. A bezeichnet die Menge aller möglichen
Aktionen, die der Agent durchführen kann. Zusätzlich besitzen beide
Vertragspartner eine von Neumann-Morgenstern Nutzenfunktion und verhalten
sich als Nutzenmaximierer. Die Nutzenfunktion des Agenten wird mit bezeichnet, die des Prinzipals mit . Um den vom Prinzipal
an den Agenten delegierten Auftrag auszuführen, wählt der Agent
eine Aktion , die zusammen
mit dem Auftreten einer Zufallsvariable ( bezeichnet die Menge aller möglichen Zufallsereignisse)
das Ergebnis ergibt.
Bei Vertragsabschluß einigen sich Prinzipal und Agent auf eine monetäre
Entlohnungsfunktion , die prinzipiell von der Aktion a und
vom Umweltzustand abhängig ist. Da jedoch der Prinzipal nicht die Aktion
a des Agenten beobachten kann, wird die Entlohnung des Agenten am
erzielten Ergebnis und am beobachtbaren Umweltzustand orientiert. Damit ergibt
sich die Entlohnungsfunktion des Agenten wie folgt: .
Da der Agent annahmegemäß Nutzenmaximierer ist, wird
er die Aktion a so wählen, daß er damit seinen erwarteten Nutzen
maximiert, d.h.
.
(1)
Der Prinzipal erhält nach der Entlohnung des Agenten das
Residuum w-f. Unter der Annahme von vollkommener Information über
die Entlohnungsfunktion f, optimiert der Prinzipal seinen Anteil am
Gesamtergebnis w-f durch die Wahl eines geeigneten f. Da der
Prinzipal den Wert a nicht kennt, muß er ihn sich als
Funktion von f vorstellen. Damit wird er seinen erwarteten Nutzen
wie folgt maximieren:
(2)
unter der Nebenbedingung
.
(3)
Ein großer Nachteil des Modells besteht darin, daß
mögliche Effizienzverluste durch opportunistisches Verhalten des Agenten
nicht berücksichtigt werden. Zugleich besteht ein wesentlicher Nachteil
darin, daß das Arbeitsleid des Agenten in dessen Nutzenfunktion nicht berücksichtigt wird, da sie nur von der Entlohnung
f abhängt.159 Aufgrund
dieser Einschränkungen des Modells, wird in dieser Arbeit auch nicht
weiter auf das Modell eingegangen. Es wurde nur kurz angeschnitten, da es
als Grundstein der normativen Prinzipal-Agenten-Theorie betrachtet werden
kann und damit Grundlage des folgenden, erweiterten Modells von Holmström
ist.
3.3.2.2. Die Erweiterung von Holmström
Das Modell von Holmström baut auf der Grundlage von Ross
auf und geht direkt auf einen Ansatz von Mirrlees zurück.160 Aufbauend auf der im
vorherigen Abschnitt beschriebenen Grundlage von Ross, ändert Holmström
zwei grundlegende Annahmen ab.
Erstens fügt er die entscheidende Komponente des Arbeitsleids in das
Modell ein. Die Nutzenfunktion des Agenten hängt daher nicht länger
nur von dessen Entlohnung ab.161
Die Nutzenfunktion des
Agenten wird als separierbar in die Nutzenkomponente der Entlohnung und
der Disnutzenkomponente der Arbeitsanstrengung angenommen. Die Variable w bezeichnet
hierbei die Entlohnung und a die gewählte Aktion des Agenten.
Je »besser« die gewählte Aktion ist, d.h. je höher die Arbeitsanstrengung
des Agenten ist, desto höher ist auch sein Arbeitsleid, da er bei höherem
Aktivitätsniveau auf einen Teil seiner Freizeit verzichten muß.162 Die Nutzenfunktion des Agenten lautet damit , mit , , und ( bezeichnet die Ableitung
der Ergebnisfunktion x nach a).
Die zweite entscheidende Änderung gegenüber Ross bezieht sich
auf die Ergebnisfunktion . Es wird eine Verteilungsfunktion gebildet, in der die
Aktion a als Parameter fungiert. Aus ergibt sich . Zusätzlich
sei und einige x.
Damit ist stochastisch
dominant in a. Außerdem besitze F eine differenzierbare
Dichtefunktion . Nichtmathematisch ausgedrückt bedeutet dies, daß
bei einem höheren Anstrengungsniveau des Agenten die Wahrscheinlichkeit
eines besseren Endergebnisses im Sinne des Prinzipals steigt.
Auf Basis dieser Annahmen ergibt sich folgendes Optimierungsproblem:
(4)
unter den Nebenbedingungen
(5)
.
(6)
Dieses Modell berücksichtigt die Probleme einer Agency-Beziehung
weit besser als das von Ross. Eine detaillierte Analyse des Modells würde
hier aber keine entscheidenden Erkenntnisse für den Mehragenten-Fall
liefern, da das Modell nur einen Agenten berücksichtigt. Eine Analyse
des Modells kann beispielsweise bei Küpper nachgelesen werden.163 Der Einagenten-Ansatz von Holmström wurde
vor allem deshalb in dieser Arbeit aufgeführt, da Holmström auf
Basis dieses Ansatzes ein Mehragenten-Modell entwickelt hat, das im Abschnitt
3.4.3.2 analysiert wird und detaillierte Einblicke in die Struktur von Prinzipal
und Mehragenten-Beziehungen liefert.
3.3.3. Kritische Würdigung
des First-Order-Ansatzes
Die Ansätze von Ross, Mirrlees und Holmström, die als
»First-Order-Approach« bezeichnet werden, wurden von Grossman und Hart stark
kritisiert. Ihre hauptsächliche Kritik "
richtet sich gegen
die ausschließliche Betrachtung lokaler Extrema der Nutzenfunktion
des Agenten
"164
Die Folgende Argumentation stützt sich auf Abbildung 5.
"Der abgebildete Kurvenzug ABCDEF stellt diejenigen Kombinationen der
Aktionen a und der Ergebnisfunktion s dar, die die Bedingung erster Ordnung
des Agenten erfüllen."165 Eindeutige Paarungen
von (a,s) sind nur in den Bereichen AB und EF feststellbar. Im Bereich zwischen
s1 und s2 sind keine eindeutigen Paarungen von (a,s)
feststellbar, die die Bedingung erster Ordnung des Agenten erfüllen.
Bei der Anreizfunktion s´ sind für den Agenten die drei lokalen Maxima
e´, e´´ und e´´´ erkennbar. Der Agent wird aber die geringstmögliche
Aktivität wählen, also e´´´. Für den Agenten sind demzufolge
nur die Aktivitäten auf AB und DEF annehmbar. Bei den eingezeichneten
Indifferenzkurven des Prinzipals (konvex und fallend) ergibt sich jedoch
die Lösung C, als Lösung des Optimierungsproblems. Dies haben Holmström
und Ross im »First-Order-Approach« formuliert. C kann aber im Fall der Abbildung
5 für den Agenten nicht optimal sein. Der Agent wird E wählen.166 Auf Basis dieser Kritik
am »First-Order-Approach«, haben Grossman/ Hart die Prinzipal-Agenten Problematik
analysiert.
Abbildung 5
Nichtexistenz von eindeutigen Lösungen nach Grossman/ Hart167
Aber "aus Gründen der Handhabbarkeit erscheint eine
Verwendung des First-Order-Ansatzes durchaus als wünschenswert."168 Aber nicht nur die Handhabbarkeit
erscheint vorteilhaft, sondern unter der Voraussetzung, daß die beiden
hinreichenden Bedingungen MLRC (monotone likelihood ratio condition) und
CDFC (convexity of the distribution function condition) erfüllt sind,
hat Rogerson gezeigt, daß der »First-Order-Approach« für die Herleitung
eines eindeutigen globalen Maximums verwendbar ist.169 Damit zeigt sich, daß die Verwendung des
Modells von Holmström gerechtfertigt erscheint.
3.4. Das Projektteam als
Prinzipal-Agenten-Beziehung mit einem Prinzipal und mehreren Agenten
3.4.1. Notwendigkeit der Erweiterung
eines Einagenten-Modells zu einem Mehragenten-Modell
In der Wirtschaftswissenschaft werden "
vereinfachte
Abbilder realer Vorbilder als Modelle bezeichnet."170 Ein Einagenten-Modell
zur Analyse von Prinzipal-Agenten-Beziehungen ist damit ein vereinfachtes
Abbild eines Ausschnitts der ökonomischen Wirklichkeit. Die Wahl des
in einem Modell abzubildenden Ausschnitts bzw. der Grad der Vereinfachung
des Abbildes gegenüber dem realen Vorbild, hängt vom Zweck des
Modells ab, dem es dienen soll.171 Wie in Abschnitt 3.2.1
beschrieben, genügt ein Einagenten-Modell den an ein Modell gestellten
Anforderungen, falls nur die Beziehung zwischen Prinzipal und Agent analysiert
werden soll. Hierbei wird angenommen, daß keine Konflikte zwischen
den einzelnen Agenten vorliegen. Ist dies aber nicht der Fall, d.h. treten
Konflikte und wesentliche Wechselbeziehungen zwischen den Agenten auf, so
genügt ein Einagenten-Modell zur Analyse des realen Vorbilds nicht mehr
aus, denn in einem Einagenten-Modell ist der Grad der Vereinfachung zu groß.
Infolgedessen muß ein Mehragenten-Modell verwendet werden, um die Beziehungen
zwischen den Agenten in einem Modell analysieren und anhand des Modells die
»optimale« Struktur eines Anreizvertrages entwickeln zu können.
3.4.2. Projektteamproblemstellungen
für Mehragenten-Modelle
Ein Mehragenten-Modell hat verschiedene Anforderungen zu erfüllen.
Zunächst muß die Beziehung zwischen Prinzipal und Agent in der
Grundform abgebildet werden, wie dies auch bei Einagenten-Modellen geschieht.
Dabei besteht bei nur einem Agenten die Problematik, daß das erzielte
Ergebnis nicht nur von seiner Aktion abhängt, sondern auch von einem
nicht zu beobachtenden Umwelteinfluß. Bei mehreren Agenten wird diese
Problematik noch verschärft, denn jetzt hängt das erzielte Ergebnis
noch zusätzlich von mehreren individuellen Leistungsbeiträgen ab,
wobei nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Summe der Einzelleistungen
das Gesamtergebnis ergibt, denn durch Nutzung von Synergieeffekten kann das
Gesamtergebnis deutlich positiver ausfallen. Dies haben Alchian und Demsetz
in einem anschaulichen Beispiel gezeigt. Zwei Arbeiter beladen gemeinsam
einen Lastwagen mit schweren Kisten. Nun ist es durch bloße Messung
des Gesamtgewichts der an einem Tag in einen Lastwagen geladenen Kisten nicht
möglich, die Grenzproduktivität jedes einzelnen Arbeiters zu bestimmen,172 denn beispielsweise könnten die Kisten so
schwer sein, daß sie ein Arbeiter allein überhaupt nicht hochheben
könnte. Dann wäre seine Grenzproduktivität gleich Null. In
diesem Fall kann das Ergebnis somit nur durch die Zusammenarbeit erreicht
werden. Synergieeffekte müssen genutzt werden. Das Beispiel bezieht
sich aber lediglich auf Teamproduktion. Im Fall von zunehmender Dynamik und
Heterogenität der Aufgaben, wie es bei Projektteams der Fall ist, wird
es hingegen immer schwieriger, die individuellen Leistungsbeiträge der
anderen Teammitglieder zu kontrollieren. Durch eine Teambildung werden somit
zusätzliche Gestaltungsspielräume für die Agenten geschaffen,
die nicht nur zum Vorteil für das Team genutzt, sondern auch
von den Agenten opportunistisch ausgenutzt werden können.173 Ein Entlohnungssystem, das sich nun nur am Gesamtergebnis
orientiert kann nicht ausreichen, "weil durch Drückebergerei verursachte
Rückgänge des Segmentergebnisses (bei Projekten der Projekterfolg,
Anm. d. Verf.) nur zum Teil auf den Verursacher durchschlagen, während
ihm die geringere Anstrengung, Sorgfalt usw. voll zu Gute kommen
"174 Mehragenten-Modelle, die den Fall der Teamarbeit
in Projekten zum Gegenstand der Betrachtung haben, müssen daher das
Problem des »Shirking in Teams«, wie es Alchian und Demsetz bezeichnet haben,
lösen.175
3.4.3. Mehragenten-Ansätze
in der Literatur
3.4.3.1. Anreizmechanismen im Mehragenten-Fall
- Ein Modell von Krapp
3.4.3.1.1. Darstellung des Ansatzes
Krapp geht bei der Entwicklung eines Mehragenten-Modells vom
LEN-Modell aus, das von Klaus Spremann entwickelt wurde.176 Hierbei steht L für
linear, E für exponentiell und N für Normalverteilung. Die Abkürzungen
bezeichnen die zusätzlich getroffenen Annahmen des LEN-Modells im Vergleich
zu den Annahmen eines Standard Agency-Modells:177
- Als erstes wird angenommen, daß das Handlungsergebnis eine lineare
Funktion der Anstrengung x und eines Umweltzustandes ist. Dabei sei in x und additiv separierbar:
Auch die Entlohnung sei eine lineare Funktion des
Handlungsergebnisses , wobei für die Funktionsgleichung lautet. r und s sind Parameter,
die den optimalen Entlohnungsvertrag bestimmen, wobei r und s
Elemente der reellen Zahlen sind (R).
- Für den Agenten gilt eine exponentielle Nutzenfunktion
, (7)
wobei gilt. Aus
der Formel (7) ergibt sich, daß der Agent eine konstante absolute
Risikoaversion aufweist. Der Prinzipal dagegen wird als risikoneutral
angenommen. Das Arbeitsleid des Agenten wird durch den Term ausgedrückt
und wird wie eine negative Entlohnung behandelt.
- Der Umwelteinfluß, der durch die Zufallsvariable im Modell
abgebildet wird, soll normalverteilt sein, mit dem
Erwartungswert 0 und der Varianz , es ergibt
sich somit
Auch im Standardmodell der Agency-Theorie "
ist der
Auftraggeber hinsichtlich seiner Zielgröße, des finanziellen Ergebnisses
des Auftragnehmerhandelns abzüglich der Delegationskosten, risikoneutral,
der Auftragnehmer dagegen risikoscheu."178 Diese Risikoprämissen über Agent und
Prinzipal lassen sich durch unterschiedliche Vermögenswerte der beiden
Parteien erklären. Die oftmals kleineren Einkommen und Vermögen
der Agenten im Vergleich zum Prinzipal, dienen in erster Linie der Existenzsicherung
der Agenten, daher kann auch eher risikoaverses Verhalten angenommen werden,
da der Ausfall dieses Einkommens, beispielsweise der Verlust des Arbeitsplatzes,
die Existenz unmittelbar bedroht.179 Der Auftraggeber
hat in diesem Sinne insofern Diversifikationsmöglichkeiten in seinem
Handeln, die dem Agenten fehlen.180
Aber insbesondere bei Projekten, kann diese Diversifikationsmöglichkeit
des Prinzipals, in diesem Falle die Unternehmung, nicht gegeben sein. Untersucht
man beispielsweise Großprojekte, so nimmt deren Volumen eine derartige
Größenordnung an, daß selbst die Leitfirma nicht in der
Lage ist die finanziellen Ressourcen aufzubringen.181 Mit dem Scheitern eines Großprojekts kann
auch die Existenz der Unternehmung bedroht sein. Somit muß nicht unbedingt
von einer Risikoneutralität des Prinzipals ausgegangen werden.
Aber auch die Risikobereitschaft der Agenten kann durch eine
Teambildung verändert werden. Durch das gemeinsame Tragen der Verantwortung
im Projektteam steigt die individuelle Risikobereitschaft der beteiligten
Agenten, und bei der Wahl von Entscheidungen wird daher meist ein höheres
Risikoniveau gewählt, da die Angst vor negativen Konsequenzen geringer
ist, als wenn ein einzelner die gesamte Verantwortung alleine zu tragen hat.182 Es besteht also die Möglichkeit,
daß der Prinzipal bei manchen Projekten eine höhere Risikoaversion
aufweist, als die Agenten. Im Standardfall wird ein risikoneutraler Prinzipal
angenommen, aber auch die Annahme eines risikoaversen Prinzipals hat keinen
entscheidenden Einfluß auf die Ergebnisse der betrachteten Modelle.183
Der Vorteil des LEN-Modells besteht in der Verwendung vereinfachender
Annahmen, durch die der Erhalt expliziter Lösungen ermöglicht wird.184
Diese expliziten Lösungen bieten einige Vorteile, "So ist einfach
zu erkennen, wovon die Höhe des festen und des variablen Bestandteils
der Kompensation abhängt, die Verzerrung der optimalen (second-best)
Aktion wird ebenso deutlich wie die Auswirkungen des Risikos und der Risikoeinstellungen
von Prinzipal und Agent."185 Bei der
Erweiterung der Standard-Agency-Problemstellung kann das LEN-Modell eine
erhebliche Hilfe sein, da die mathematische Behandlung des Problems stark
vereinfacht wird.186 Für die mathematische Behandlung von Mehragenten-Modellen
bietet sich das LEN-Modell als Ausgangspunkt somit an, da dadurch eine explizite
Lösung auf einfachere Weise erreichbar sein kann.187
Die Problematik des LEN-Modells liegt in der Linearitätsannahme
des Kompensationsschemas, denn das Ziel von Agency-Modellen sollte ja gerade
die Bestimmung einer Kompensationsfunktion für den Agenten sein. Beim
LEN-Modell dagegen wird durch die Linearitätsannahme die Anzahl zulässiger
Lösungen eingeschränkt,188 da annahmegemäß
nur lineare Bezahlungsfunktionen zulässig sind.189 Wagenhofer und Ewert weisen darauf hin, daß
lineare Kompensationsschematas aufgrund der Lösungsstruktur beim Standard-Agency-Modell
fast ausgeschlossen werden können.190 Aus diesem Gesichtspunkt ist aber die Linearitätsannahme
nur eine weitere spezielle Annahme, die den Anwendungsbereich der ermittelten
Lösung einengt. "Das entscheidende Problem des LEN-Modells besteht
jedoch darin, daß die gesetzten Annahmen nicht miteinander vereinbar
sind."191 Behält man alle verbleibenden Annahmen bei,
mit Ausnahme der Linearität des Kompensationsschemas, führt dies
zu Ergebnissen, die der first-best Lösung beliebig angenähert werden
können. Diese sind aber nicht linear.192 Durch die Annahmen des LEN-Modells werden somit
nichtlineare, eventuell bessere Lösungen schon a-priori ausgeschlossen.193 Bei Wagenhofer und Ewert
sowie Pfingsten kann eine ausführliche Diskussion zur Rechtfertigung
linearer Kompensationsschemata nachgelesen werden.194
Vorteilhaft bei der Verwendung linearer Entlohnungsfunktionen
ist jedenfalls die Erleichterung der Bestimmung des optimalen Entlohnungsvertrages,
denn dazu sind nur noch die beiden Parameter r und s zu bestimmen.195
Krapp untersucht bei seinem Modell eine Moral hazard Situation
bei der ein Prinzipal seine Aufgaben an identische Agenten
delegiert.196 Die Agenten können
aber unterschiedliche Reservationsnutzenniveaus besitzen. Der Prinzipal
schlägt den Agenten jeweils einen Vertrag vor, der deren Entlohnung
in Abhängigkeit des Handlungsergebnisses festlegt. Nach der eventuellen
Vertragszustimmung der Agenten durch Unterzeichnung, legen die Agenten ihre
Efforts fest. Aufgrund von zufälligen Umwelteinflüssen kann der
Prinzipal nicht anhand der jeweiligen Handlungsergebnisse die individuellen
Anstrengungen der Agenten erfassen. Die Vergütung wird somit auf Basis
des Gesamtergebnisses vorgenommen. Krapp macht damit die Entlohnung des Agenten
auch von den Handlungsergebnissen
der anderen Agenten abhängig.197 Sind die Umwelteinflüsse korreliert, so
kann das Ergebnis des Agenten i als Signal der Anstrengung des Agenten
j benutzt werden. Bei einer derartigen vergleichenden Entlohnung besteht
aber die Gefahr kollusiver Absprachen zwischen den Agenten, denn nur das
relative Ergebnis im Vergleich zu den anderen Agenten wird berücksichtigt.
Alle Agenten könnten prinzipiell ihren jeweiligen Effort reduzieren,
ohne daß dies einen Einfluß auf ihre Entlohnung hätte.
Krapp verwendet bei seinem Modell folgende Notation:
|
Effort des Agenten |
|
Zufallsvariable des Handlungsergebnisses mit der Realisation
(in Geldeinheiten gemessen) |
|
Entlohnung des Agenten , basierend
auf seinem Handlungsergebnis und den Ergebnissen der anderen Agenten
(in Geldeinheiten gemessen) |
|
Residualgewinn des Prinzipals. Im Modell wird somit angenommen,
daß aus Sicht des Prinzipals die Handlungsergebnisse der Agenten
perfekte Substitute sind. |
Die Annahmen des anfänglich beschriebenen Standard LEN-Modells
gelten hier weiterhin, sie müssen nur auf den Mehragenten-Fall übertragen
werden:
- Das Handlungsergebnis eines Agenten ist eine lineare
Funktion des Umweltzustandes und der individuellen Anstrengung des
Agenten. Aus wird ersichtlich, daß der zufällige
Umweltzustand für jeden Agenten individuell modelliert wird.
Die Entlohnung eines Agenten hängt von seinem Handlungsergebnis und
den Handlungsergebnissen aller anderen Agenten ab. Durch R wird der Einfluß der Handlungsergebnisse
aller Agenten auf die Entlohnung des Agenten i modelliert.
(8)
R ist der fixe Teil
der Entlohnung des Agenten i.
- Die Nutzenfunktion des Agenten i ist exponentiell.
Alle Agenten haben die gleiche konstante Risikoaversion . Der Prinzipal
ist risikoneutral.
(9)
- Analog zum Standard LEN-Modell sind die Zufallsvariable multivariant
normalverteilt. Da nun mehrere Zufallsvariablen vorhanden
sind, ist eine Vektorschreibweise vorteilhaft. Der Erwartungswertvektor
ist und die positiv
definite Varianz-Kovarianz-Matrix lautet . Der Zufallsvariablenvektor
ist somit .
Die Teilnahmebedingung der Agenten lautet
(10)
Aufgrund der Normalverteilungsannahme ist es auch zulässig, anstatt
des Nutzenerwartungswerts das Sicherheitsäquivalent zu maximieren.
(11)
ist aufgrund der Normalverteilungsannahme von ebenfalls normalverteilt.
Das Sicherheitsäquivalent ergibt sich somit als
=
=
= (12)
Das Sicherheitsäquivalent ist eine streng konkave Funktion in und deshalb kann
die Anreizbedingung von Agent als Bedingung erster Ordnung geschrieben werden:
(13)
Das Sicherheitsäquivalent kann als Auszahlungsfunktion betrachtet werden. Damit charakterisiert
das Gleichungssystem in (13) ein nichtkooperatives Nash-Gleichgewicht. Die
Anreizbedingung wird somit im Mehragenten-Fall durch eine Nash-Nebenbedingung
ersetzt.
Der Prinzipal orientiert sich am Erwartungswert des Residualgewinns:198
=
= (14)
Die mathematische Lösung des Modells wird hier nicht weiter
ausgeführt, da in dieser Arbeit nur die verschiedenen Mehragenten-Ansätze
dargestellt werden und ihre Eignung für Projektteams überprüft
wird.199
3.4.3.1.2. Kritische Würdigung des Ansatzes
Nach der Darstellung des erweiterten LEN-Modells für den
Mehragenten-Fall stellt sich nun die Frage, ob dieses Modell auch die Problematik
der Teamarbeit in Projekten geeignet abbildet.
Die Hauptproblematik der Modellannahmen, liegt in der Unterstellung,
daß es sich aus Sicht des Prinzipals bei den Handlungsergebnissen der
Agenten um perfekte Substitute handelt. Der Prinzipal wäre somit bereit,
die Handlungsergebnisse der Agenten in einem konstanten Verhältnis zu
tauschen. Diese Annahme ist berechtigt, wenn in einer Gruppe im Unternehmen
jeder die gleichen Arbeitsschritte durchführt und sich das gesamte Handlungsergebnis
der Agenten durch Addition der individuellen Handlungsergebnisse der n
Agenten ergibt. Bei derartigen Arbeiten haben die Agenten keinen Einfluß
auf die Handlungsergebnisse der anderen Agenten. Dort können die Agenten
vom Prinzipal beliebig ausgetauscht werden.
Aber bei Projekten liegt "der Sinn einer Teambildung
darin, den Gruppeneffekt, also die kumulierten Kompetenzen der einzelnen
Mitglieder zu nutzen."200 Die Aktivitäten der Agenten haben einen
starken Bezug zueinander, die Agenten arbeiten also nicht nebeneinander sondern
miteinander. Agenten in Teams nutzen Synergieeffekte aus. Durch gegenseitigen
Austausch von Gedankengängen werden die Mitglieder angeregt, neue Erkenntnisse
zu gewinnen, die sowohl dem Projektergebnis als auch dem einzelnen Mitglied
nutzen können.201
Liegen gegenseitig stark abhängige Aktivitäten der Teammitglieder
vor, so gehen von der Leistung eines Teammitgliedes externe Effekte auf die
Leistungserstellung der anderen Teammitglieder aus.202 Die individuellen
Handlungsergebnisse der einzelnen Teammitglieder sind meist gar nicht identifizierbar,
da sie ohne den gegenseitigen Gedankenaustausch überhaupt nicht entstehen
hätten können. Dies wird besonders deutlich bei geistigen Zwischenprodukten
in der Forschung. Dort läßt sich praktisch nicht nachvollziehen,
welche Ergebnisse aufgrund der Ideen und Anstöße der miteinander
arbeitenden Mitarbeiter entstanden sind.203
In das obige Modell muß somit ein zwischen den Agenten möglicher
Einfluß auf die Handlungsergebnisse der anderen Agenten einbezogen
werden, um Projektteams besser abbilden zu können. Ein derartiger Ansatz
wird ermöglicht durch Ersetzung der Gleichung im
obigen Modell durch die folgende Gleichung:
(15)
ist eine Matrix, durch
die der Einfluß der Handlung von Agent j auf das Ergebnis von Agent
beschrieben wird.204 "Auf diese Weise
könnten folgende Phänomene einheitlich dargestellt werden:
Teamproduktion
Sabotage
unterschiedliche Produktivität
der Agenten
(jeweils für )."205
3.4.3.2. Die Problematik von Moral hazard in Teams
nach einem Modell von Holmström
3.4.3.2.1. Darstellung des Ansatzes
Holmström geht bei seiner Untersuchung von Moral hazard
in Teams auf zwei besondere Aspekte ein, »free-riding« und »competition«.206 Ins Deutsche könnten
die beiden Begriffe etwa mit »Trittbrettfahren« und »Wettbewerb« der Agenten
übersetzt werden.
Holmström führt im ersten Teil seines Aufsatzes eine
Begründung für die Existenz eines Prinzipals an. Eine ähnliche
Thematik wird auch in der auf Jacob Marschak zurückgehenden Teamtheorie
behandelt. Deren Hauptaspekte sollen hier zum Vergleich nur kurz angeschnitten
werden.
"Ausgangspunkt der teamtheoretischen Modelle
ist ein komplexes Entscheidungsproblem, das auf mehrere Teammitglieder verteilt
wird. Jedes Teammitglied kann aufgrund seiner speziellen Informationen über
eigene potentielle (Teil-)Handlungen entscheiden. Das Gesamtergebnis, welches
alle Teammitglieder optimal gestalten wollen (Annahme der Zielharmonie),
entsteht durch die Kombination der Handlungen aller Teammitglieder."207
Es zeigt sich somit, daß die Teamtheorie vom Ausgangspunkt
her, als Modell für die Analyse von Projektteams durchaus geeignet wäre.
Durch die Kombination der Handlungen aller Teammitglieder entsteht das Gesamtergebnis,
wie oben beschrieben. Aber durch die Kombination der Leistungsbeiträge
ist der einzelne Leistungsbeitrag weder exakt meßbar noch dem Teammitglied
zuordenbar. Es besteht somit ein Anreiz zum »free-riding« und zum »shirking«
(im Deutschen mit Drückebergerei übersetzbar). Deshalb wird ein
Kontrolleur zur Überwachung der Teammitglieder benötigt. Aber auch
dieser Kontrolleur muß überwacht werden, wodurch eine Unternehmenshierarchie
entsteht. Die Teamtheorie erklärt somit die Entstehung von Hierarchien
in Unternehmen,208 und vermittelt "
Einblicke in die
grundlegenden entscheidungslogischen Mechanismen und Prinzipien der Koordination
in arbeitsteiligen Systemen."209 Da aber die Analyse von Marschak streng mikroökonomisch
ist und dadurch die Suche nach Lösungen in realistischeren Teamsituationen
ein großes Problem aufwirft, führte die Teamtheorie nicht zu einer
starken theoretischen Auseinandersetzung mit dieser Problematik.210
Im Gegensatz zum Einagenten-Fall kann Moral hazard beim Mehragenten-Fall
auch bei Sicherheit auftreten, denn falls das Gesamtergebnis aller Agenten
das einzig meßbare Signal für die Aktivitäten der Agenten
ist, können betrügende Agenten nicht identifiziert werden.211 Holmström
zeigt deshalb anhand der Sicherheitssituation, daß ein Prinzipal in
Teams benötigt wird, um ein effizientes Nash-Gleichgewicht erreichen
zu können.212
Es existieren n Agenten, die nicht beobachtbare Aktivitäten
wählen.213 Dabei besitzt jeder Agent ein Arbeitsleid R, wobei streng konvex, differenzierbar
und steigend ist und die Bedingung erfüllt. Die
Gesamtheit der Aktionen aller Agenten soll mit a bezeichnet werden,
wobei
(16)
gilt. Die einzelnen Aktivitäten aller Agenten ergeben ein gemeinsames
Gesamtergebnis R, das zwischen den beteiligten Agenten vollständig
aufgeteilt werden muß, da angenommen wird, daß eine Partnerschaft
vorliegt.214 Die Funktion
x ist streng monoton steigend, konkav und differenzierbar mit dem Wert . soll
den Anteil der Entlohnung des Agenten i am Output bezeichnen. Die
Nutzenfunktion des Agenten i soll der Einfachheit halber additiv
separierbar in den erhaltenen Lohn und den monetären Wert des Arbeitsleides
sein: .
Um die Effizienz des Nash-Gleichgewichts bei Partnerschaften zu analysieren,
muß festgestellt werden, ob Aufteilungsregeln existieren, die
das Ergebnis x in jedem Fall vollständig zwischen den Agenten
aufteilen.
Es muß demzufolge überprüft werden, ob
(17)
gilt und das nichtkooperative Spiel mit den Resultaten der einzelnen Agenten
(18)
ein Nash-Gleichgewicht a* besitzt, das die Bedingung der Paretooptimalität
(19)
erfüllt. Da aber a* ein Nash-Gleichgewicht darstellt und bei
Differenzierbarkeit von sich das Gleichungssystem
(20)
ergibt, die Paretooptimalität aber zu dem Gleichungssystem
(21)
führt, liegt ein Konflikt vor, denn aus der Kombination von Formel
(20) und (21) ergibt sich für . Aber die Gleichung (17) führt zu
.
(22)
Holmström kommt damit zur abschließenden Schlußfolgerung,
daß keine Aufteilungsregeln existieren, die die Gleichung (17) erfüllen und a*
als Nash-Gleichgewicht bei einem nichtkooperativen Spiel mit den Resultaten
für die Agenten aus Formel (18) ergeben.215 Dies bedeutet, wie bereits weiter oben erwähnt,
daß ein Team einen Prinzipal benötigt, durch dessen Existenz die
Annahme der vollkommenen Aufteilung des Ergebnisses x unter den Agenten
aufgebrochen werden kann.
Die Forderung, daß ein Team von einem Teammanager oder
Projektleiter geführt werden sollte, somit einen Prinzipal besitzt,
wird nicht nur von obigem Modell gestützt, sondern das Vorhandensein
eines Teamleiters wird auch vielfach in der Projektliteratur als Normalfall
angenommen.216
Definitionsgemäß ist zwar ein Team eine hierarchiefreie Gruppierung
von Stellen, das eigentlich keine dedizierte Führungskraft aufweisen
muß, aber die Koordinationsaufgaben die in einem Projektteam anfallen,
müssen von der Projektleitung ausgeführt werden.217 Diese Einschätzung
der Funktion der Projektleitung, als Koordinationsinstanz, unterstützt
auch die Forderung von Holmström, daß der Prinzipal keine operativen
Aufgaben übernehmen sollte, die in einem Projekt anfallen, da ansonsten
das Problem des »free-riding« wieder auftritt.218
Besteht nun Unsicherheit bezüglich der Produktion und sind
die Agenten risikoscheu, so wird die Überwachung der Agenten zu einem
wichtigen Mittel in der Behebung der Problematik die durch Moral hazard entsteht.219 Holmström
hat hierzu ein Modell entwickelt, das genau zur Analyse dieser Problematik
geeignet ist.
Hierbei wird der Prinzipal als risikoneutral und die n Agenten als
risikoavers angenommen.220
Die Nutzenfunktion des Agenten soll additiv separierbar in die Nutzenkomponente der Entlohnung und der Disnutzenkomponente
der Arbeitsanstrengung sein. Das Ausmaß des Ergebnisses,
oder des Outputs,221 hat hier
nur die Funktion des Schaffens von Anreizen für die Agenten. Es wird
aber keine Aussage darüber getroffen, welcher Anteil des finanziellen
Ergebnisses x an die Agenten ausbezahlt wird. Der Output wird damit
lediglich als Signal für die von den Agenten gewählten Aktivitäten
verwendet.
Aber es wird nicht nur der Output x als Signal für die Aktivitäten
der Agenten verwendet, sondern ein Vektor y, der aus beobachtbaren
Signalen zusammengesetzt wird. Der Vektor y kann entweder die Größe
x enthalten oder auch nicht, das hängt von der Beobachtbarkeit
der Größe x im speziellen Fall ab. Dieser Vektor y
kann dann als Bemessungsgrundlage für die Entlohnung der Agenten dienen.
Die Verteilungsfunktion von y ist
eine Funktion von a und hat die Dichte 222 Holmström
nimmt an, daß die Ableitung von g bezüglich mit bezeichnet wird
und für alle i existiert.
Das Gewinnoptimierungsproblem für den Prinzipal kann damit wie folgt
formuliert werden:
(23)
unter den Nebenbedingungen
(24)
und
223 (25)
Dieses Modell ist die Anpassung des Standard-Agency-Modells von Holmström
an den Mehragenten-Fall.224
bezeichnet den Erwartungswert
des Outputs x bei gegebenen Vektoren y und a. Mit
wird das Mindestnutzenniveau225 des Agenten
i bezeichnet. Die Ungleichungen der Formel (24) stellen die Teilnahmebedingungen226 der n
Agenten dar. Durch die Bedingung (25) wird die Moral hazard Problematik in
das Modell integriert,227
denn anhand der Bedingung (25) wird ersichtlich, daß der Prinzipal
"
nur das Ergebnis, nicht aber die es bewirkende Anstrengung des
Agent beobachten kann."228 Diese Bedingung wird auch als »Incentive Compatibility
Constraint« bezeichnet.229
Würde die Bedingung (25) nicht existieren, so könnte der Prinzipal
die first-best-Lösung erreichen, d.h. er könnte die Aktionen der
Agenten kostenlos beobachten.
3.4.3.2.2. Kritische Würdigung des Ansatzes
Auch hier stellt sich nun wieder die Frage ob das Modell von
Holmström ohne weiteres zur Analyse der bei Projektteams auftretenden
Agency-Probleme verwendet werden kann oder ob die getroffenen Annahmen nicht
mit den Erfordernissen der Projektsituation in Übereinstimmung gebracht
werden können.
Holmström geht bei der Entwicklung seines Modells von Teamproduktion
aus.230 Er versteht
unter einem Team also eher eine Gruppe von Mitarbeitern, die in der Produktion
tätig ist. Wie auch bei Krapp fehlt in diesem Ansatz der gegenseitige
Einfluß der Agenten auf ihr Arbeitsergebnis und damit auf das Gesamtergebnis.
Es werden nur die individuellen Leistungsbeiträge ai
berücksichtigt. Im Gegensatz zu der fest vorgegebenen Arbeit bei Teamproduktion
in der betrieblichen Güterproduktion ist die Arbeit in Projektteams
dagegen nicht fest vorgegeben. Bei komplexen Projekten muß ein Lösungsweg
durch die Teammitglieder gefunden werden, der zuvor im Unternehmen noch nicht
entwickelt wurde.231 Dies kann aber nur durch
intensiven gegenseitigen Gedankenaustausch zwischen den Teammitgliedern gelingen,
da dadurch die verschiedenen vorhandenen Teamfähigkeiten ausgenutzt
werden können. Gerade durch diese vorhandenen Interdependenzen232
in der Arbeit der Teammitglieder wird deutlich, daß ein gegenseitiger
Einfluß der Teammitglieder in einem Mehragenten-Modell berücksichtigt
werden muß.
Ebenfalls problematisch im Modell von Holmström ist die
Reduzierung der Nutzenfunktion des Agenten auf die monetäre Komponente.
Bei Holmström hängt der Nutzen des Agenten i, nur von der
Entlohnung mi und dem Arbeitsleid ai
ab. Soziale Bedürfnisbefriedigungen der Agenten durch Mitarbeit im Team
gehen in die Nutzenfunktionen der Agenten nicht ein. Aber die Befriedigung
sozialer Bedürfnisse wird besonders häufig in Kleingruppen empfunden,
wie sie Teams darstellen. Die Gesamtorganisation vermag oftmals nicht die
Befriedigung sozialer Bedürfnisse, wie etwa das Verlangen nach Kontakt
und Geborgenheit oder gegenseitige Achtung und Wertschätzung, zu leisten.233 Zusätzlich kann
für den einzelnen der Vorteil von Teams in den persönlichen Entfaltungs-
und Entwicklungsmöglichkeiten bestehen.234 Deshalb sollte die Nutzenfunktion
nicht nur durch die monetäre Entlohnung bestimmt werden, sondern zusätzlich
aus verschiedenen Komponenten bestehen und somit durch einen Vektor verschiedener
Einflußgrößen bestimmt sein. Ein derartiger Ansatz besteht
zumindest prinzipiell in der Nutzenfunktion von Holmström, da das Arbeitsleid
durch die Komponente ai abgebildet wird.235 Soziale Befriedigung
im Team kann damit auch als Verringerung des Arbeitsleids interpretiert werden.
Eine explizite Integration der sozialen Komponente der Teamarbeit findet
aber nicht statt.
Dagegen ist die Verwendung des Vektors y für die
Modellierung der Anforderungen eines Anreizsystems für Projektteams
sehr gut geeignet. Denn bei Projekten kann der Fall eintreten, daß
ein finanzieller Projekterfolg nicht beobachtet werden kann.236 In derartigen Fällen
muß ein Anreizsystem andere Signale für die Aktivitäten der
Agenten verwenden. Diese Signale sind im Modell von Holmström im Vektor
y schon implementiert. Dabei kann der Vektor y sowohl die Größe
x enthalten oder auch nicht. Dies hängt von der eindeutigen Beobachtbarkeit
eines Ergebnisses im speziell durchzuführenden Projekt ab.
3.4.3.3. Die Entwicklung optimaler Anreizsysteme
bei mehreren Agenten nach dem Modell von Mookherjee
3.4.3.3.1. Darstellung des Ansatzes
Grossman und Hart haben das Prinzipal-Agenten Problem auf der
Basis eines einzelnen Prinzipals und nur eines Agenten analysiert. Dabei
kritisieren sie heftig den »First-Order-Approach«,237 wie er
beispielsweise von Holmström, Mirrlees und Ross formuliert wurde.238 Eine ausführliche
Diskussion der Kritik am »First-Order-Approach« kann in Abschnitt 3.3.3 und
der dort angegebenen Literatur nachgelesen werden.
Aufgrund der Kritik am »First-Order-Approach«, haben Grossman
und Hart einen eigenständigen Ansatz zur Analyse des Prinzipal-Agenten
Beziehung entwickelt.239
Auf diesem Ansatz baut Mookherjee auf und erweitert ihn für den Fall
mehrerer Agenten.240 Dabei wird angenommen,
daß der Prinzipal risikoneutral ist und entweder den Output oder einen
Leistungsindex, d.h. ein Signal für die Aktivitäten der Agenten
beobachtet. Jeder Agent wird als risikoscheu angenommen.241 Der Output jedes Agenten hängt erstens von
dem nur vom Agenten zu beobachtenden Aktivitätsniveau des Agenten und
zweitens von einer exogenen Zufallsvariable ab.
Um das Modell von Mookherjee darstellen zu können, müssen zuerst
die Variablen und Symbole definiert werden. Mookherjee beschränkt seine
Analyse auf den Zweiagenten-Fall, der aber prinzipiell auf jeden anderen
Fall mit einer endlichen Zahl von Agenten erweitert werden kann. Im vorliegenden
Modell werden somit zwei Agenten betrachtet, die mit k=1,2 bezeichnet
werden. Für jeden Agenten k besteht eine endliche Anzahl an möglichen
Outputs , eine endliche Anzahl möglicher Aktionen Ak
des Agenten k, eine Zufallsvariable und eine Produktionsfunktion
, die für jedes Paar von a1
und a2 und jeder Realisation der Größe
eine einzige Outputgröße
für den Agenten k ergibt. Die beiden Zufallsgrößen
und
haben eine gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung, die durch die Größe
angegeben wird.
, und g führen
zur Wahrscheinlichkeitsverteilung für das Outputpaar für jedes Paar
von Aktionen . bezeichnet die Wahrscheinlichkeit
des Outputpaars , falls die Aktionen gewählt wurden.
Mookherjee trifft die Annahme, daß beide Agenten identisch sind, damit
haben sie auch dieselbe Nutzenfunktion , die als additiv
separierbar in die Nutzenkomponente V der Entlohnung und die Disnutzenkomponente
G des Arbeitseinsatzes a angenommen wird: .
Der Reservationsnutzen beider Agenten beträgt U.
Die Nutzenfunktion des Prinzipals ergibt sich durch den Output der beiden
Agenten und lautet . Sie kann aber auch durch die Aktivitätsniveaus der
beiden Agenten bestimmt werden, dann lautet sie . Da der Prinzipal
risikoneutral ist, wird er den erwarteten Nettonutzen, also den Nutzen der
erwarteten Ergebnisse abzüglich der erwarteten Kompensationszahlungen
an die Agenten, maximieren. Da die Nutzenfunktion
des Prinzipals ist, kann als der erwartete Nutzen des Prinzipals interpretiert werden.
Damit ergibt sich als erwarteter Nutzen des Prinzipals:
(26)
Da die mathematische Herleitung des folgenden Modells keine entscheidende
Bedeutung besitzt, wird sie nur in Anhang 5 aufgeführt.
Die Zielfunktion des Modells lautet:
(27)
unter den Nebenbedingungen
Auf Basis dieses Modells hat Mookherjee die folgenden Behauptungen aufgestellt.
Die jeweiligen Beweise der Behauptungen werden in dieser Arbeit nicht aufgeführt,
sie können in der Arbeit von Mookherjee nachgelesen werden.242
Die zentralen Behauptungen lauten:243
- Falls die durchführbare Menge von Formel (27) nicht leer ist, existiert
eine Lösung für das Modell. Und falls V zusätzlich streng
konkav ist, dann ist das optimale Anreizschema einmalig.
- Eine hinreichende Bedingung um sicherzustellen, daß die optimalen
Zahlungen an Agenten 1 unabhängig vom Output des Agenten 2 sind, stellt
die Voraussetzung der Faktorisierung von dar ().
- Falls die Produktionsfunktion separierbar in die Aktionen der Agenten
und invertierbar für die Zufallsvariable ist (),
dann ist es generell notwendig, daß die Zufallsvariablen und
unabhängig sind, um sicherzustellen, daß der optimale Vertrag
für Agent 1 unabhängig vom Output des Agenten 2 ist.
Eine wichtige Fragestellung lautet auch, ob der optimale Anreizvertrag zwischen
dem Prinzipal und einem Agenten nur von dessen Output abhängt oder auch
vom Output der anderen Agenten. Für den Fall risikoneutraler Agenten,
liegt bei den Agenten Indifferenz zwischen den beiden Vertragsarten vor.244
3.4.3.3.2. Kritische Würdigung des Ansatzes
Zunächst ist in Frage zu stellen, ob die Annahme identischer
Agenten von Mookherjee245
auf den Fall von Projektteams anwendbar ist. Wie auch schon in den Abschnitten
3.4.3.1.2 und 3.4.3.2.2 ausgeführt wurde, wird dies in der Mehrzahl
der Fälle bei Projektteams nicht der Fall sein. Denn Projektteams bestehen
aus Mitarbeitern verschiedener Unternehmensebenen und Unternehmensbereiche,
somit von identischen Agenten zu sprechen wird den gegebenen Realitäten
in Projektteams nicht Rechnung tragen können. Die Annahme von Mookherjee
trifft damit eher auf Teamproduktion in der Fertigung zu, was auch die Verwendung
einer Produktionsfunktion nahelegt.
Die wichtige Behauptung von Mookherjee, daß die Zufallsvariablen
unabhängig sein müssen um sicherzustellen, daß die Entlohnung
der Agenten nur von deren eigenem Output abhängt, hat für den Fall
der Entlohnung von Agenten in Projektteams eine entscheidende Bedeutung.
Es ist damit zu prüfen, ob tatsächlich die Zufallsvariablen bei
Projekten unabhängig voneinander sind, oder ob nicht doch ein Zusammenhang
zwischen ihnen besteht. Nimmt man an, daß Projektteams eine intensive
Zusammenarbeit pflegen, demzufolge enge Verbindungen zwischen den Teammitgliedern
bestehen, so hat die unvorhergesehene Änderung einer Umweltsituation,
die nicht im Einflußbereich des Projektteams liegt, häufig nicht
nur Einfluß auf die Arbeit eines einzelnen Teammitgliedes, sondern
auf die Arbeit mehrerer oder sogar aller Teammitglieder. Die Zufallsvariablen
sind damit nicht mehr unabhängig voneinander. Eine realistischere Abbildung
der sich verändernden Umweltsituationen dürfte eine zusätzliche
Verwendung einer Zufallsvariablen sein, die einen Einfluß auf die Arbeit
aller Projektmitarbeiter ausübt, beispielsweise einfach mit bezeichnet. Die Verwendung
der »unabhängigen« Zufallsvariablen und , wie im Modell von
Mookherjee, muß dadurch nicht abgeschafft werden. bezeichnet nur einen
gemeinsamen Einfluß, der in und
nicht enthalten ist. Sind nun aber die Zufallsvariablen nicht unabhängig
voneinander, so muß die Entlohnung eines Agenten auch vom Output der
anderen Agenten abhängig gemacht werden. Eine Entlohnung auf Basis einer
übergeordneten Outputgröße ist damit erforderlich geworden,
beispielsweise kann hierzu der Gesamterfolg des Projektes verwendet werden.
3.5. Eingeschränkte
Anwendbarkeit bestehender Mehragenten-Modelle auf Projektteams als Grundlage
der Anpassung eines bestehenden Modells
3.5.1.
Grenzen der Projekterfolgsmessung
als Anlaß der Anwendung alternativer Bemessungsgrundlagen
3.5.1.1. Erfolg als Bemessungsgrundlage in Projekten
In den Mehragenten-Modellen von Krapp, Holmström und auch
Mookherjee wird eine Erfolgsgröße als Signal verwendet, anhand
derer die Entlohnung der Agenten erfolgt. Dabei wird entweder eine Individualerfolgsgröße,
eine Gesamtprojekterfolgsgröße oder eine Kombination von beiden
Erfolgsgrößen verwendet. Da diese Mehragenten-Modelle nicht primär
für Projektteams entwickelt wurden, ist zu prüfen ob in Projekten
eine Orientierung am Erfolg möglich ist. "Da Projektaufgaben definitionsgemäß
ein originäres Zielsystem aufweisen, kann der Projekterfolg idealtypisch
durch einen Vergleich der geplanten mit den realisierten Leistungs-, Termin-
und Kostenzielen bestimmt werden."246
Damit würde sich ergeben, daß bei Projekten eine Entlohnungsorientierung
am Projekterfolg durchaus sinnvoll wäre. Aber da in Projekten häufig
ein Zielsystem vorliegt, das durch eine Zielvielfalt und eine mangelnde Zielklarheit
geprägt ist, können Probleme bei der Erfolgsbestimmung auftreten.
Oskar Grün hat die entscheidenden Probleme bei der Projekterfolgsbestimmung
aufgelistet:
- Vielfach widersprüchliche Ziele, unzureichende Operationalisierung,
Änderung der Ziele im Laufe des Projektfortschritts, Unklarheit über
den Grad der Verbindlichkeit der Projektziele,
- Zielerreichungsgrad kann in Abhängigkeit der Betrachtung des Leistungs-,
Termin- oder Kostenziels divergieren,
- Interessenstandpunkt bestimmt das Urteil über den Projekterfolg,
- Einmaligkeit der Projektaufgaben schränkt die Vergleichbarkeit zu
anderen Projekten ein
- Projekterfolg kann nicht durch eine Variable erklärt werden, sondern
nur multivariat.247
Aufgrund der festgestellten Probleme der Projekterfolgsbestimmung
ist es fraglich ob tatsächlich der Projekterfolg als Bemessungsgrundlage
für die Entlohnung der Agenten verwendet werden kann, denn Bemessungsgrundlagen
müssen bestimmte Anforderungen erfüllen um sinnvoll zu sein.
3.5.1.2. Anforderungen an Bemessungsgrundlagen
Laux nennt folgende Probleme bei der Konstruktion eines Anreizsystems
für einen Entscheidungsträger:248
- Die Frage nach der Art der Belohnung (oder Arten der Belohnungen)
- Die Frage nach der zugrundezulegenden Bemessungsgrundlage (oder
den zugrundezulegenden Bemessungsgrundlagen)
- Die Frage nach der funktionalen Beziehung zwischen der Höhe
einer Belohnung und der Ausprägung der Bemessungsgrundlage (oder den
Ausprägungen der Bemessungsgrundlagen).
Die Belohnungen werden in vielen Fällen finanzieller Art
sein, beispielsweise eine erfolgsabhängige Prämie, die zusätzlich
zum Grundgehalt gezahlt wird. Die Belohnung kann aber auch in Form einer
Beförderung gewährt werden. Allerdings hat auch eine Beförderung
einen finanziellen Charakter, da der Beförderte einen höheren Lohn
auf der Aufstiegsposition erhält.249
Die Prinzipal-Agent-Theorie geht nun davon aus, daß in
der Situation des Auftretens von Moral hazard, die Entlohnung des Agenten
an ein von beiden Seiten, sowohl Prinzipal als auch Agent, beobachtbares
Signal geknüpft wird.250 Dieses Signal ist in den meisten Fällen
der erzielte Erfolg, da er von beiden Vertragsparteien gemeinsam und in relativ
einfacher Weise beobachtet werden kann.251 Zudem ist der Erfolg durch die Entscheidungsträger,
also den Agenten, über ihre Leistung (Effort) beeinflußbar.252 Aber bei
der Durchführung von Projekten kann es häufig vorkommen, daß
weder der Beitrag eines einzelnen Teammitglieds zum Erfolg, noch der Erfolg
des gesamten Teams objektiv festgestellt werden kann.253 Dies kann beispielsweise bei Verwaltungsdienstleistungen
oder Reorganisationsprojekten im Unternehmen der Fall sein.254 In derartigen
Fällen muß eine Ersatzbemessungsgrundlage anstelle des nicht beobachtbaren
Erfolgs255 verwendet
werden, an die die Entlohnungen der Agenten geknüpft werden.
An eine derartige Bemessungsgrundlage (bzw. mehrere Bemessungsgrundlagen)
sollten nun folgende zwei Anforderungen gestellt werden:
- "Die Ausprägung der Bemessungsgrundlage (bzw. die Ausprägungen
ihrer einzelnen Komponenten) kann in einfacher und intersubjektiv überprüfbarer
Weise ermittelt werden. Es kann objektiv und ohne besonderen Aufwand überprüft
werden, ob die Bemessungsgrundlage manipuliert worden ist."256 Die Kontrollkosten der Bemessungsgrundlage
müssen demnach geringer sein als der Ergebniszuwachs durch das an
der Bemessungsgrundlage anknüpfende Anreizsystem.257
- "Die Bemessungsgrundlage ist kompatibel mit den Zielgrößen
der Instanz; wenn die Bemessungsgrundlage (und mithin die Belohnung) steigt,
so erzielt auch die Instanz einen Vorteil."258
Laux und Liermann führen die Begründungen für
oben aufgeführte Anforderungen an Bemessungsgrundlagen auf.259 Ist die erste Bedingung verletzt, dann können
erhebliche Kontroll- und Erhebungskosten der zugrundeliegenden Bemessungsgrundlage
auftreten. Es kann zu Differenzen zwischen Prinzipal und Agent über
die tatsächliche Ausprägung der Bemessungsgrundlage führen.
Damit werden Zeit und Kosten allein für die Diskussion über die
Ausprägung verwendet. Bei Verletzung der zweiten Bedingung werden Fehlentscheidungen
im Sinne der Instanz getroffen. Orientiert sich die Bemessungsgrundlage beispielsweise
nur am Umsatz so führt dies häufig zur Vernachlässigung der
Kostenseite. Zwischen den beiden Anforderungen an Bemessungsgrundlagen besteht
nicht selten ein Konflikt, denn Bemessungsgrundlagen die kompatibel mit den
Zielgrößen der Instanz sind, können nicht in objektiv eindeutiger
Weise gemessen werden oder nur mit großem Aufwand. Es kann jedoch genauso
vorkommen, daß eine Bezugsgröße die erste Anforderung aber
nicht die zweite Anforderung erfüllt.
3.5.1.3. Meilensteine als mögliche Bemessungsgrundlagen
in Projekten
Da bei umfangreichen Projekten die Gesamtdurchführung einen
langen Zeitraum in Anspruch nehmen kann, unter Umständen mehrere Jahre,
ist es sinnvoll diesen Gesamtzeitraum in mehrere Zeitabschnitte zu unterteilen.
Zu diesem Zweck kann eine Meilensteinplanung genutzt werden. "Die Grundidee
der strategischen Meilensteine besteht darin, aus strategischen Plänen
oder Projekten kürzerfristig orientierte Teilziele abzuleiten und diese
als Vorgaben im Sinne von Etappenzielen zur langfristigen Endzielerreichung
zu verwenden."260 Mit Projektmeilensteinen
werden demzufolge kontrollfähige Projektabschnitte definiert um eine
Teilergebniskontrolle zu ermöglichen und frühzeitig in wichtigen
Punkten Weichen stellen zu können, falls dies erforderlich erscheint.
Ein Meilenstein ist aber nur in dem Fall erfüllt, falls mit dem Abschluß
des Meilensteins ein qualitätsmäßig und inhaltlich überprüfbares
Endprodukt vorliegt, das von der Qualitätssicherung abgesegnet ist.261
Ein Anreizsystem könnte sich beispielsweise an der Erfüllung
der Zeitvorgabe der Projektmeilensteine und der Einhaltung der Kostenbudgets
durch das Projektteam orientieren.262 Das Team erhält einen Bonus, falls die vorgegebene
Zeitschätzung erfüllt oder unterschritten wird und bei einer Überschreitung
wird vom Grundgehalt ein bestimmter Teilbetrag abgezogen. Das gleiche Prinzip
kann für die Einhaltung der Kostenbudgets angewandt werden.263 Die Problematik hierbei besteht in der Zeitschätzung
durch die Projektleitung.264
Unter der Voraussetzung des Vorhandenseins von Informationsasymmetrien zwischen
Projektleitung und Projektmitarbeitern, ist es der Projektleitung nicht möglich
die notwendigen Arbeiten aufzulisten, die die Mitarbeiter auszuführen
haben, geschweige denn die benötigten Zeitdauern dieser Arbeiten zu
kennen. Werden dann aus der Sicht der im Projekt tätigen Mitarbeiter,
von der Projektleitung unrealistische Zeitschätzungen vorgenommen, so
führt dies zu späteren Diskussionen bei der Überprüfung
des zeitgerechten Erreichens der Projektmeilensteine. Wird dagegen die Zeitschätzung
von den Mitarbeitern selbst vorgenommen, so besteht die Tendenz möglichst
großzügig bemessene Zeitvorgaben anzugeben, um die Gefahr der
späteren Zeitüberschreitung möglichst zu reduzieren und damit
keinen Abzug vom Grundgehalt zu riskieren. Da aber die Zeitschätzung
ein wichtiges Fundament für die Kostenschätzung und die Festlegung
verbindlicher Vertragstermine ist,265 kann beispielsweise bei
Anlageprojekten eine zu lang prognostizierte Projektdauer dazu führen,
daß das eigene Unternehmen den Auftrag nicht erteilt bekommt, da andere
Unternehmen eine kürzere Projektdauer und damit oftmals geringere Kosten
anbieten. Somit bestehen auch bei der Verwendung von Projektmeilensteinen
als Bemessungsgrundlagen Konflikte zwischen der Projektleitung oder der Unternehmensleitung
und dem Projektteam.
3.5.1.4. Einfluß der Projektarten auf die Verwendbarkeit
von Bemessungsgrundlagen
Geht man von der Unterscheidung der Projekte in Routine- und
Innovationsprojekte aus, wie sie in Abschnitt 2.2 getroffen wurde, so ist
es prinzipiell bei Routineprojekten einfacher eine Projekterfolgsmessung
durchzuführen. Eine anfängliche Formulierung eines Zielsystems
fällt wesentlich leichter, da bereits Erfahrungen aus vorangehenden
Projekten bestehen. Damit können die erbrachten Leistungen bei der Projektrealisation
fair bewertet werden.266
Zusätzlich können diese Erfahrungen auch als Vergleichsmaßstab
bei der Beurteilung von Meilensteinen oder dem Gesamtprojekterfolg dienen.
Bei der Durchführung von Routineprojekten werden somit Informationsasymmetrien,
die anfänglich zwischen Projektmitarbeitern und Projektleitung oder
Unternehmensleitung bestehen, durch den Aufbau von Erfahrungen bei der Wiederholung
der Projekte abgebaut. Bei Innovationsprojekten mit einem hohen Neuartigkeitsgrad,
fällt dagegen häufig eine ausreichende Präzisierung der Ziele
schwer, wodurch dann bei der Bewertung von Projektergebnissen der Vergleichsmaßstab
fehlt.267
3.5.2.
Modellformulierung eines
Mehragenten-Modells zur Analyse der Moral hazard Problematik in Projektteams
Da die in Abschnitt 3.4 vorgestellten Mehragenten-Modelle, die
zur Analyse von Projektteams gestellten Anforderungen nicht erfüllen,
muß ein Mehragenten-Modell entwickelt werden, das diese Anforderungen
annähernd optimal erfüllt, so daß aus dem Modell Erkenntnisse
über die Realität gewonnen werden können.
Das folgende Projektteam-Modell basiert auf den Modellen von Holmström
für den Einagenten- und den Mehragenten-Fall.268 Der wichtigste Unterschied zu diesen Ausgangsmodellen
besteht in der Einbeziehung von gegenseitigen Einflüssen der Teammitglieder
auf ihr jeweiliges Handlungsergebnis. Dies wird durch die Einführung
der Variable erreicht, die den
Einfluß der Handlung von Agent j auf das Handlungsergebnis von
Agent i beschreibt. Diesen Vorschlag zur Modellerweiterung hat Krapp
in seinem Mehragenten-Modell angeführt.269 Ist , so besteht ein
positiver Einfluß des Agenten j auf das Handlungsergebnis des
Agenten i. Ist dagegen, so besteht ein negativer Einfluß, der
auch als Sabotage bezeichnet werden kann. Ist , so besteht kein
Zusammenhang zwischen den beiden Agenten, d.h. der Agent j hat keinen
Einfluß auf das Ergebnis des Agenten i. Damit ergibt sich für
das Ergebnis x die folgende Gleichung:
(28)
Die Variable ai bezeichnet die gewählte Aktion
des Agenten i, sie kann auch als Aktivitätsniveau bezeichnet
werden. Die Variable bildet einen zufälligen
Umwelteinfluß ab, der auf das Ergebnis des Agenten i einwirkt.
Das Optimierungsproblem ergibt sich dadurch, daß der risikoneutrale
Prinzipal seinen Erwartungsnutzen maximieren will. Sein Nutzen G ergibt
sich ausschließlich aus dem erreichten finanziellen Ergebnis, das als
Residuum bezeichnet werden kann, da es sich aus dem erreichten Handlungsergebnis
x abzüglich den Zahlungen si an die
Agenten ergibt. Die Zahlungen an die Agenten hängen wiederum von der
Größe y ab. Diesen Vektor hat Holmström in seinem
Mehragenten-Modell eingeführt, um die Auszahlungen nicht nur am erreichten
finanziellen Erfolg x zu orientieren, sondern auch an anderen beobachtbaren
Größen.270
Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Vektor y die Größe
x enthält, dies hängt von der Beobachtbarkeit der Größe
x im speziellen Projekt ab. Durch die Einführung des Vektors
y kann die Problematik der ausschließlichen Orientierung der
Entlohnung der Agenten am finanziellen Erfolg entschärft werden, was
in Abschnitt 3.5.1 beschrieben wurde.
Auf Basis der oben genannten Annahmen ergibt sich folgendes Optimierungsproblem:
(29)
unter den Nebenbedingungen
(30)
(31)
Die Nutzenfunktion Hi des Agenten i, läßt
sich in zwei Komponenten additiv separieren. Zum einen in die Nutzenkomponente
Ui der monetären Entlohnung si
des Agenten i. Zum anderen in die Disnutzenkomponente Vi
des Arbeitseinsatzes ai. Durch die individuellen
Nutzenfunktionen jedes Agenten läßt sich auch ein sozialer Einfluß
der Teamarbeit auf die Teammitglieder in das Modell integrieren. Denn gegenseitige
Wertschätzung, sozialer Kontakt oder auch Geborgenheit wird von jedem
Teammitglied anders empfunden und kann Einfluß auf die Empfindung des
Arbeitsleids ausüben. Ein begeisterter Mitarbeiter, dem seine Arbeit
Spaß macht, was durch den sozialen Kontakt in einem Team entscheidend
beeinflußt werden kann, wird häufig seine Arbeit als etwas Positives
betrachten. Die Arbeit dient dann nicht nur der Einkommenserzielung und sie
wird zugleich nicht als Einschränkung der Freizeit empfunden. Eine längere
Arbeitszeit oder eine intensivere Arbeit im Team, im obigen Modell durch
ein »besseres« ai abgebildet, wird vom Teammitglied
nicht als eine Erhöhung des Arbeitsleids empfunden. D.h. die Disnutzenkomponente
Vi steigt bei steigendem ai
nicht überproportional oder nur leicht überproportional an und
das Mindestnutzenniveau der ersten Nebenbedingung (Formel 30) kann damit
bei hoher Aktivität des Agenten leichter erreicht werden. Holmström
charakterisiert die Beziehung zwischen den beiden Nutzenkomponenten der Nutzenfunktion
des Agenten wie folgt: "The interpretation is that a is a productive
input with direct disutility for the agent and this creates an inherent difference
in objectives between the principal and the agent."271 Durch eine erfolgreiche
Teambildung kann damit, wie oben beschrieben, das Arbeitsleid des Agenten
verringert und damit auch die Unterschiedlichkeit der Ziele zwischen Prinzipal
und Agenten vermindert werden. Da aber die Teammitglieder unterschiedlichen
Unternehmensbereichen entstammen, somit ein heterogenes Team in einem Projekt
vorhanden ist, kann man nicht davon ausgehen, daß alle Mitglieder dieselbe
Nutzenfunktion besitzen. Um deshalb die heterogene Zusammensetzung des Projektteams
im Modell abzubilden, wird für jeden der n Agenten eine individuelle
Nutzenfunktion Hi im Modell verwendet.
3.5.3.
Die Theorie der sozialen
Gruppe und die Bedeutung von Moral hazard in Teams
Es stellt sich nun abschließend die Frage, ob bei Teams
das Problem des Moral hazard überhaupt eine Rolle spielt. Picot/ Dietl/
Franck kommen zu dem Schluß, daß dies in sozialen Gruppen nicht
der Fall ist,272 denn im
Team273 existiert eine Teamkultur
und soziale Normen haben sich zwischen den Teammitgliedern etabliert. Durch
eine längere Zusammenarbeit werden die Teams zu Informationsgemeinschaften.274 "Die Kommunikation funktioniert
relativ
reibungslos. Dadurch, daß der Großteil der Information rasch
zur geteilten Information wird, ergeben sich weit weniger Informationsasymmetrien
und damit Spielräume für eine unbemerkte Schonhaltung einzelner."275
Zusätzlich sind Teams durch das existierende Wir-Gefühl und der
damit einhergehenden Identifikation mit dem Team auch Sanktionsgemeinschaften.276 "Die Ausgrenzung, der Entzug der Anerkennung,
der Verlust des sozialen Ansehens, der »Gesichtsverlust« usw. sind immer
dann, wenn die Gruppenidentität Bestandteil der individuellen Nutzenfunktion
ist, schwerwiegende Sanktionsoptionen der Gruppe gegen Regelbrecher."277 Picot/ Dietl/ Franck
kommen, wie oben erwähnt, zu dem Schluß, daß aufgrund der
genannten Gründe, Moral hazard in Teams eine geringe Rolle spielt.
Diese Einschätzung kann aber nicht ohne Diskussion der Problematik
der Normenbildung in Teams stehengelassen werden. Eine Sanktionsgemeinschaft
wäre immer dann von uneingeschränktem Vorteil, wenn sich Teamsanktionen
immer nur auf die Schonhaltung einzelner Teammitglieder beschränken
würden,278 nicht aber dann, wenn
Sanktionen aufgrund abweichender Meinungen ausgeübt werden. Von dieser
Einschränkung kann aber nicht ohne weiteres ausgegangen werden, denn
oft geschieht es in Gruppen, daß Mitglieder die eine andere Meinung
bezüglich der zu bewältigenden Aufgabe haben, unter Druck durch
das Team geraten oder auch mit Sanktionen rechnen müssen.279 Um sich
nicht den Sanktionen aussetzen zu müssen, werden häufig abweichende
Meinungen nicht artikuliert, sondern das Mitglied schließt sich der
Meinung des Teams an. Diese Tendenzen auf Basis von Gruppennormen können
zu Konformität280 der Gruppenmitglieder führen. Konformität
bedeutet in diesem Zusammenhang, daß die Teammitglieder sich gleichförmig
verhalten, gleichförmige Meinungen vertreten usw.281 Damit werden aber die Vorteile, die durch eine
Teambildung erzeugt werden, wie unterschiedliche Kenntnisse, Meinungen und
Anschauungen, zunichte gemacht. Eine gegenseitige Akzeptanz der Meinungen
wird damit nicht möglich und die Informationsasymmetrien, als Grundvoraussetzungen
für Projektteams,282 werden nicht genutzt.
Dies soll nicht zu der Annahme verleiten, daß ein Wir-Gefühl in
Gruppen nicht vorteilhaft wäre. Das Gegenteil ist der Fall, ein vorhandenes
Wir-Gefühl kann sich leistungssteigernd auf jeden einzelnen auswirken.283
Viele gleichförmige Teams versuchen somit auch Konflikte
zu vermeiden, damit ein konfliktfreies Arbeitsklima im Team bestehen bleibt.
Aber in Teams kann dies nicht sinnvoll sein, denn "ein Sinn von Konflikten
kann
im Zulassen und Bearbeiten von Unterschieden gesehen werden."284 Und derartige Unterschiede sind in Projekten
notwendig um die komplexen Zusammenhänge der zu bearbeitenden Thematik
im Team abbilden zu können.285
Werden nun Unterschiede in Teams nicht zugelassen, so macht die interdisziplinäre
Zusammensetzung von Projektteams wenig Sinn, da die verschiedenen Wissensbasen
nicht genutzt werden.
4. Schlußbemerkung:
Zur Relevanz von Agency-Modellen bei der Bildung von Teams in der Projektpraxis
Die Beziehungen, die in einem Team auftreten können, sind
sehr vielfältig. Mit steigender Teamgröße steigen die einseitigen
Beziehungen, d.h. die Beziehungen zwischen einem Mitglied und den anderen
Projektmitgliedern, überproportional an. Zwischen der Anzahl der Beziehungen
B und der Anzahl der Teammitglieder n besteht folgender Zusammenhang:
.286 Ein Projektgruppe mit lediglich vier Mitgliedern
weist damit schon 28 mögliche einseitige Beziehungen auf. Sind dagegen
zehn Mitglieder im Team vorhanden, was bei vielen Projekten leicht erreicht
wird, sind 5110 Beziehungen möglich. Wird nun noch angenommen, daß
jeder Mitarbeiter einen anderen Informationsstand besitzt und zusätzlich
noch persönliche Ziele von den Mitarbeitern verfolgt werden, so wird
die Projektkultur bei steigender Projektgröße schnell komplex.
Soll nun ein normatives Agency-Modell entwickelt werden, das
durch realitätsnahe Annahmen gekennzeichnet ist, so ist die mathematische
Formulierung in vielen Fällen sehr aufwendig.287
"Die Analyse stößt sehr rasch
an Grenzen und erlaubt häufig nur mehr sehr wenig an generellen Einsichten
in die Struktur der Lösung. Die mathematischen Schwierigkeiten führen
bisweilen sogar dazu, daß überhaupt nur mehr der Ansatz eines
Problems aufgestellt werden kann, und eine formale Herleitung von generellen
Ergebnissen - ganz zu schweigen eine Lösung - nicht einmal mehr versucht
wird."288
Dies trifft besonders auf Mehragenten-Modelle zu, denn im Vergleich
zu Einagenten-Modellen sind hierbei noch weitere Beziehungen zu berücksichtigen.
Jedoch kann auch ein Mehragenten-Modell nur ein sehr stark vereinfachtes
Abbild der Realität wiedergeben, wie dies auch bei den in den Abschnitten
3.4 und 3.5.2 vorgestellten Modellen der Fall ist. Aber schon bei einer starken
Vereinfachung verursachen diese Modelle einen großen Planungsaufwand.
Dieser Planungsaufwand ist mit hohen Kosten verbunden, da die Projektleitung
einen hohen Einsatz an Arbeit und Zeit zur Planung, d.h. zur Ermittlung von
Belohnungsfunktionen für die Agenten, zu leisten hat. Explizit können
derartige Modelle in der Regel sowieso nicht sinnvoll angewandt werden, da
einerseits durch den Planungsaufwand die Projektleitung stark belastet wird289
und andererseits eine komplizierte und umfangreiche Belohnungsfunktion gegen
eine geforderte Transparenz eines Anreizsystems verstößt.290 D.h. "in
der Realität müssen Belohnungsfunktionen im allgemeinen im Rahmen
relativ einfacher Überlegungen ermittelt werden."291 Jedoch kann eine theoretische
Analyse durchaus hilfreich sein und darf nicht aufgrund der vorgenannten
Gründe vernachlässigt werden, denn theoretische Kenntnisse können
die Schätzung von optimalen Belohnungsfunktionen für die Agenten
erleichtern und damit besitzen die Modelle doch eine praktische Bedeutung,
selbst wenn sie nicht explizit in der Realität angewandt werden.292
Anhang 1 Ziele der Projektteambildung
"Why should project teams be encouraged? Consider the following reasons:
- For the improved distribution of work. To bring together a set of skills,
talents, responsibilities and allocate to them their respective disciplines.
- For the management and control of work. To allow the work of individual
team members to be organised and controlled by other team members.
- For problem solving and decision-making. To bring together a set of skills,
talents and responsibilities so that the solution to any problem will have
all available capacities applied to it.
- For testing and ratifying decisions. To test the validity of a decision
taken outside the group, or to ratify such decisions.
- For the information processing and lines of communication, to pass on
decisions or information to those who need to know.
- For information and collection of ideas. To data capture ideas, information
and suggestions.
- For co-ordination and liaison. To co-ordinate problems and tasks between
functional departments or divisions.
- For increased commitment and involvement from the team members. To set
up an environment for individuals to participate in the plans and activities
of a company.
- For negotiation and conflict resolution. To resolve disputes and arguments
between managerial levels.
- For inquest and inquiries into past performance on company projects to
improve the project estimating data base."293
Anhang 2 Unterscheidung von
Routine- und Innovationsprojekten
Abbildung 6
Unterscheidung von Routine- und Innovationsprojekten294
Anhang 3 Unterschiede zwischen
Arbeitsgruppe und Team
Abbildung 7
Unterschiede zwischen Arbeitsgruppe und Team295
Anhang 4 Projektorganisation
Abbildung 8
Stabsprojektorganisation296
Abbildung 9
Matrixprojektorganisation297
Abbildung 10
Reine Projektorganisation298
Anhang 5 Mathematische Herleitung
des Modells von Mookherjee
Ausgangspunkt ist die Nutzenfunktion des Prinzipals:299
Mookherjee trifft die folgenden drei Annahmen:
- Die Funktion V ist stetig und streng monoton steigend im Intervall
- Falls und der
Wert den Nutzen
G(a) minimiert, dann ist .
- Für jedes
existiert ein , so daß
Im Fall der First-Best Situation, in der der Agent gezwungen werden kann
die Aktion ak zu wählen, ergeben sich für
den Prinzipal Kosten, pro Agenten k, in Höhe von CFB:
Der Nettonutzen des Prinzipals ergibt sich dann aus dem Nutzen des Prinzipals
abzüglich der Zahlungen an die Agenten:
Für den Fall der Second-Best Situation, in der der Prinzipal die Aktionen
der Agenten nicht beobachten oder nicht beurteilen kann, bleibt dem Prinzipal
nur die Möglichkeit die Zahlungen an die Agenten an deren Output zu
orientieren. Das Anreizschema für den Agenten
k ist damit ein (n1n2)
dimensionaler Vektor. ist hierbei die Zahlung an den Agenten k, falls
das Outputpaar realisiert wird. Die erwarteten Gesamtkosten sind demzufolge:
Damit ergibt sich das folgende Modell:
unter den Nebenbedingungen
Das umgeformte Modell aus Formel (27) ergibt sich durch Umformen von ,
wobei und .
Literaturverzeichnis |